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Gewalt der Farben über die Seele

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Seit zehn Jahren bemüht sich das „Niederösterreichische Dokumentationszentrum für Moderne Kunst“ unter der Leitung von Franz Kaindl um eine möglichst lückenlose Erfassung der reichhaltigen Kunstszene des größten österreichischen Bundeslandes. Als Beitrag zum Niederösterreichischen Donaufestival ist nun im Karmeliterhof von St. Pölten bis 25. September eine umfangreiche Ausstellung mit dem Titel „Malerei in Niederösterreich 1918-1988“ zu sehen. In dem ehemaligen Klosterkomplex werden über 300 Werke niederösterreichischer oder mit Niederösterreich verbundener Maler gezeigt.

Parallel zur Ausstellung ist eine 376 Seiten starke Publikation mit 211 großteils farbigen Abbildungen über die mehr als 250 Maler erschienen, die mit Arbeiten bei dieser Präsentation vertreten sind. Das Buch gibt einen Uberblick über die Entwicklung der Malerei in Niederösterreich seit dem Ende des Ersten Weltkriegs und nach der Trennung Niederösterreichs von Wien im Jahr 1922 bis in unsere Zeit.

Die Vielfalt der Stilrichtungen und Ausdrucksmöglichkeiten, die Niederösterreich als Abbild der europäischen Kunstlandschaft bietet, verwirrt zunächst. Franz Kaindl betont dazu in der Publikation, daß es keine charakteristische niederösterreichische Malerei gebe: „... Auch deswegen nicht, da es weder eine typisch niederösterreichische Landschaft noch eine typische Ausformung einer niederösterreichischen Lebensart, wie sie sich beispielsweise in anderen Bundesländern als einheitliche Bauform oder Tracht niederschlägt, gibt...“

Nicht nur wegen der großen Zahl niederösterreichischer Künstler - natürlich können nicht alle vertreten sein, auch prominente Namen fehlen — zeigen die ausgestellten Arbeiten einen unglaublichen Stilpluralismus und eine Themenvielfalt, freilich auch Qualitätsunterschiede. Ausstellungsleiter Franz Kaindl hat sehr geschickt und subjektiv die Werke zu Gruppen zusammengefaßt, einander gegenübergestellt und zum Teil auch räumlich isoliert. Im begleitenden Buch ist dem biographischen Teil ein kunsthistorischer Abriß angeschlossen, der die Entwicklung der Malerei in Niederösterreich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen läßt.

Mit dieser Ausstellung wurde aber auch den überbetonten avantgardistischen Bestrebungen des niederösterreichischen Donaufestivals ein Gegengewicht geboten, indem gezeigt wird, daß die künstlerischen Kräfte Niederösterreichs nicht erst in den letzten Jahren einen Aufschwung genommen haben, sondern vielfältige Traditionen fruchtbar gemacht und weitergeführt wurden. Diesem Querschnitt mit seinen unterschiedlichen Tendenzen und Strömungen gerecht zu werden, erfordert Aufmerksamkeit und Ausdauer beim Betrachter.

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