Die Geschichte der Islam-Landkarte

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Die Islam-Landkarte wurde bereits 2012 vom damaligen Staatssekretär Sebastian Kurz als Projekt der Universität Wien unter der Leitung von Professor Aslan präsentiert. Sie bekam viel Lob, sie diene der Sichtbarmachung des muslimischen Lebens in Österreich. Damit wollte man der Rhetorik versteckter Hinterhofmoscheen entgegnen. Moscheegemeinden, die nicht darauf erschienen, meldeten sich mit der Bitte um Aufnahme. 2018 beschwerte sich sogar eine Moscheegemeinde der Millî Görüş, dass sie nicht auf der Karte erwähnt wurde. 2019 gingen der Uni Wien die Mittel zum Weiterbetreiben der Karte aus, sie ging offline. 2020 hat die Dokustelle Politischer Islam angeboten, das Projekt weiterzufinanzieren, um weiter für die Sichtbarmachung des muslimischen Lebens zu sorgen. Im Mai 2021 wurde die Islam-Karte neu präsentiert, diesmal von Inte­grationsministerin Raab. Plötzlich ist die Rede von Generalverdacht sowie Diskriminierung von Muslimen. Es dauerte nicht lange, und viele Akteure in der Gesellschaft schlossen sich dieser für mich nicht nachvollziehbaren Rhetorik an. Sie ist meiner Meinung nach wegen folgender Punkte nicht nachvollziehbar: Die Karte ist nicht neu, sie wurde lediglich um ein paar In­stitutionen ergänzt; acht Jahre lang hat sie niemanden gestört, sondern wurde im Gegenteil immer wieder gelobt; die Adressen der Institutionen sind online zu finden; es gibt in Europa etliche solcher Karten, die zum Teil von den muslimischen Dachverbänden selbst online gestellt wurden; bei der Präsentation der Karte wurde mehrfach unterstrichen, dass es sich bei dem Großteil der angegebenen Institutionen nicht um Akteure des politischen Islam handelt. Ich stelle dennoch fest, dass dieser Satz ewig wiederholt werden könnte – aber diejenigen, die ihn nicht wahrnehmen wollen, werden es wohl auch nie tun. Sachliche Kritik ist willkommen, aber unverantwortliche, populistisch skandalisierende Kritik hat am Ende auch die Rechtsextremisten auf den Plan gerufen.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster und ist Leiter des wissenschaftlichen Beirats der Doku-Stelle Politischer Islam.

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