IGMG und Politik: Muslimische Strukturen

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Die „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ hat vor einigen Monaten einen Bericht zur islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) veröffentlicht. Diese zählt zu einer der größten muslimischen Organisationen in Europa und ist umstritten, weil ihr Gründervater Erbakan für seine antisemitischen, antidemokratischen und antiwestlichen Positionen bekannt war. In Österreich zählen drei Föderationen zu Millî Görüş. Diese haben vorige Woche eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie allerdings die Nähe zu Millî Görüş bestreiten. Dort heißt es einerseits: „(…) Insofern gibt es zwischen den Islamischen Föderationen und der Millî-Görüş-Bewegung in der Türkei sowie seinen Organisationen in Österreich keinerlei Nähe oder Gemeinsamkeiten.“ Andererseits werden die Föderationen in derselben Stellungnahme so beschrieben: Sie „üben zugleich die regionalen Vertretungen der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) aus. Die IGMG ist eine islamische Religionsgemeinschaft mit Hauptsitz in Deutschland.“

Die Föderationen in Österreich haben also eine enge Nähe zu Millî Görüş in Deutschland, aber nicht zu Millî Görüş in der Türkei. Dieser Dschungel aus unüberblickbaren Strukturen irritiert die Muslime selbst, und es drängt sich die Frage auf: Wann gibt es Strukturen muslimischen Lebens in Österreich, die weder mit irgendwelchen politischen Ideologien noch mit Organisationen, deren Entstehungsgeschichte außerhalb des hiesigen Kontextes liegt, zu tun haben? Warum muss ich mich jedes Mal vergewissern, ob die Moschee, in der ich bete, endlich in Österreich angekommen ist – und kann mich nicht da­rauf verlassen, dass deren Strukturen selbstverständlich aus, in und für Österreich geschaffen sind? Wer den Anspruch stellt: „der Islam gehört zu Österreich“, muss bemüht sein, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster.

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