Ruth Bader Ginsburg

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Erinnerung an eine Vorkämpferin für Gerechtigkeit.

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Erinnerung an eine Vorkämpferin für Gerechtigkeit.

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Der Tod von Ruth Bader Ginsburg, Richterin am Obersten Gerichtshof der USA, am 18. September hat dramatische politische Folgen. Vor dem Gericht, dem Präsident Donald Trump noch vor der Wahl am 3. November eine dauerhaft rechte Mehrheit geben will, landen die großen (Glaubens-)Fragen der USA. Daher trauert das progressive Amerika um eine Vorkämpferin für eine liberale, gerechte Gesellschaft. Mit ihrem Eintreten für diese Werte war die erste Jüdin am höchsten US-Gericht auch für die vielen liberalen amerikanischen Juden zur Ikone geworden.

Doch Ginsburgs Bedeutung für die amerikanischen Juden steckt genauso in ihrer Biografie. Sie wurde 1933 in Brooklyn geboren. Die Eltern ihrer Mutter stammten aus Krakau; ihr Vater kam aus Odessa und arbeitete als Buchhalter. Zu ihrer Herkunft sagte Ginsburg einmal: „Was ist der Unterschied zwischen einem Buchhalter im Textilarbeiter-Viertel von New York und einer Richterin am Obersten Gerichtshof? – Der Unterschied ist eine Generation.“

Als Kind lernte Gins­burg in der Synagoge die Grundsätze des Judentums. Doch wie viele amerikanische Juden lebte auch sie ihr Judentum nicht durch religiöse Rituale, sondern verstand es als kulturelles Erbe und moralischen Auftrag. Ihr Büro war von einem Bibelvers geschmückt: „Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – ihr sollt ihr nachjagen“ (Dtn 16,20). Ginsburg starb unmittelbar vor dem jüdischen Neujahrsfest, Rosch ha-Schana. Mit der Nachricht ihres Todes verbreitete sich auch der Hinweis auf einen jüdischen Volksglauben: Wer kurz vor Rosch ha-Schana stirbt, ist ein gerechter Mensch gewesen. Dahinter steckt nicht nur eine freie Talmud-Interpretation, sondern vor allem ein Gefühl vieler amerikanischer Juden: Ruth Bader Ginsburg war eine von ihnen, und sie stand für Werte, die heute bedroht sind.

Der Autor forscht zu Jewish Studies an der University of Pennsylvania, Philadelphia/USA.

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