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Glücklose Premiere

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Verheißungsvoll wie stets, seit es ihn gibt, begann der „Steirische Herbst”: der Bundespräsident eröff- nete, Landtagspräsident Professor Dr. Koren beschwor in einer ausgezeichneten Rede die „trigonale” Grundidee seiner Festspiel-Konzeption. Eine aufschlußreiche, umfassende Personalausstellung des Bildhauers Joannis Avramidis fand mit Recht die ihr gebührende Beachtung.

Aber am Abend desselben Tages — immer noch in Anwesenheit des Staatsoberhauptes — passierte das Malheur. Der Beitrag des Grazer Schauspielhauses war beinahe dazu angetan, den heurigen „Steirischen Herbst” in Mißkredit zu bringen. Groß angekündigt und mit Vorschußlorbeeren bedacht, ging das Stück „Die Jagd nach der Sonne” von Peter Schaer über die Bühne. Der englische Autor, hierzulande als Verfasser gehobener Boulevardstücke („Schwarze Komödie”) bekannt, hatte versucht, auf dem historischen Hintergrund der Eroberung Penis durch die Spanier den „Konflikt zweier enormer und freudloser Mächte” darzustellen und so nebenbei auch die psychologische Tragödie des Eroberers Pizarro mitzuliefern; Pizarro, der zutiefst Glaubenslose, will nicht nur das Gold der Inkas, er möchte auch eindringen in das Geheimnis der Glaubenskraft seines Gegners, des „Inkagottes” Atahualpa. Das hört sich gut an, das Stück jedoch kann selbst die bescheidensten Erwartungen nicht erfüllen. Mit fassungslosem Staunen nimmt der Zuseher zur Kenntnis, daß aus dem großen Vorhaben des Autors nichts anderes wurde als eine kaum für möglich gehaltene, simple Lesebuchgeschichte, die von phrasenhaften Dialogen, philosophischen Banalitäten und theologischen Disputen auf billigstem Niveau nur so strotzt. Und das Ganze präsentiert sich in einer selbst 1960, dem Entstehungsjahr des Stückes, nicht mehr als „modernes Theater” verkaufbaren Form.

Der an sich begabte junge Regisseur Peter Lotsčhak, offensichtlich bestrebt, den laienspielartigen Wildwuchs des Dramas zu lichten, versuchte zu vereinfachen, indem er die heute übliche „politische” Seite des Produktes betonte. Aber da halfen auch Imperialismus, Kapitalismus, Ausbeutung und Allendes Chile nicht: dieses Stück mit seinen Plattitüden und Klischees ist auch durch die schicke politische Tour nicht zu retten. Und auch nicht durch das faszinierende Bühnenbild Mau- rizio Fercionis, das noch das Beste dieses blamablen Abends war.

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