„Ich will allen Ländern Lateinamerikas versichern, daß die Politik der USA die eines freundlichen, hilfreichen und respektvollen Nachbarn bleibenwird." Dieser Satz von US-Präsident George Bush hat in der Hamburger „Zeit" einen Platz unter den „Worten der Woche" geschafft. Was er bestimmt nicht geschafft hat: daß die Völker Lateinamerikas ihn glauben.
Die Beziehungen zwischen der Supermacht im Norden und den Staaten der südlichen Hemisphäre, im besonderen Mittelamerikas, sind seit Jahrhunderten von Vorurteilen und Pauschalvereinfachungen auf beiden Seiten belastet. Auf der einen Seite dominieren verächtliche Überlegenheitsgefühle („Diese Gringos - nichts wären sie ohne uns"), auf der anderen ein Mix von Bewunderung für und Zorn auf die anmaßenden „Yankis".
Die Invasion der US-Armee in Panama ist das jüngste Schulbeispiel für eine Politik, die viel zertrampelt. In einer Zeit, in der Moskau (freilich nicht freiwillig, sondern aus vielerlei zwingenden Gründen) seinen einstigen Satelliten freie Hand für eine Neuordnung läßt, marschieren die USA in eine „Bananenrepublik" ein und feiern den „Sieg" mit peinlichem Jubel.
Das auch nur gesprächsweise zu erwähnen, trägt einem in den USA derzeit bei Konservativen verbale Ohrfeigen und selbst bei gemäßigten Progressiven Tadel ein: Moskau verteidige noch immer ein Tyrannenreich, während Washington Despoten stürze.
Stimmt. Ganz ohne Frage ist die Mehrheit der Bewohner Panamas froh, den Menschenschlächter Noriega los zu sein. Was viele Nordamerikaner aber nicht verstehen wollen, ist das Unbehagen darüber, daß man dafür eine ganze Invasionsarmee braucht und Zivilquartiere bombardiert. Das weckt böse Erinnerungen.
Seit 1903 operieren die USA in Panama mehr mit Truppen als mit Diplomaten. Kuba verzeichnete zwischen 1898 und 1921 vier US-Besetzungen. Dreimal landeten US-Truppen zwischen 1912 und 1926 in Honduras. In Nikaragua marschierten Nordamerikaner 1912 und 1927 für 13 beziehungsweise sechs Jahre ein. In Haiti dauerte die US-Besetzung von 1915 bis 1934, in Mexiko acht Monate 1914, in der Dominikanischen Republik von 1916 bis 1924 und 1965 wieder. 1983 kam Grenada, jetzt Panama dran.
Man wird das Gefühl nicht los, daß die US-Nation sich nach dem Debakel von Vietnam einfach wieder in Siegerpose sehen möchte. Das aber reicht füiyillejene Freunde der USA als Motiv nicht aus, die im Fall einer Besetzung Litauens durch Truppen Moskaus „Feuer" schreien möchten.