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USA triumphans

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Das revolutionäre Osteuropa hat Lateinamerika nicht nur die internationale Nachrichten-Show gestohlen: Da jetzt die Inter­essen Europas und der UdSSR am Alten Kontinent gebunden sind, können die USA südlich ihrer Gren­zen schalten und walten, wie es ihnen beliebt. Panama ist das erste Beispiel dafür.

Je näher die Wahlen in Nikara­gua (25. Februar) rücken, desto dringlicher wird die Frage der neuen Lateinamerika-Politik der USA. Denn der militärische Erfolg in Panama macht der Bush-Admini-stration Appetit auf forsches Vor­gehen bei allen Problemen.

Statt Verwirklichung der sanften Linie, die US-Vizeaußenminister mit Zuständigkeit für interameri­kanische Fragen Bernard Aronson ziehen wollte, hinterließ der grobe Stempel der Strategieberater blu­tige Spuren in Panama. Dieser mit Waffengewalt erzwungene Erfolg ist vorzeigbar und kommt - wie Umfragen zeigen - bei der nord­amerikanischen Bevölkerung als Beliebtheitszuwachs für Präsident George Bush gut an.

Die Zeiten, in denen die aktive Mittelamerika-Politik der Europäi­schen Gemeinschaften die USA irritiert und kontrolliert hat, sind vorbei. Die Interessen gehen heute nach Mittel- und Osteuropa. Die Sowjetunion kämpft derart mit Schwierigkeiten im eigenen Be­reich, daß sie dezidiert erklärt, für lateinamerikanische revolutionäre Bewegungen keine militärische Un­terstützung mehr zu gewähren. Japan, die technologische und fi­nanzielle Großmacht mit wirt­schaftlichem Lateinamerika-Enga­gement, denkt nicht daran jene stra­tegischen Manöver zu behindern, welche die historische Tutor-Rolle der USA wiederherstellen sollen.

Was aber wollen die USA 1990 in Südamerika, wenn das kommuni­stische Gespenst nicht mehr um­geht, und so die antikommunisti­sche Containment-Politik ihre Funktion verloren hat?

Von den Rechtfertigungs-Argu­menten für die unilaterale Pana­ma-Aktion haben zwei regionale Bedeutung: Kampf gegen die Dro­gen und Unterstützung der Rede-mokratisierung Lateinamerikas. General Noriega verkörperte bei­des - er profitierte vom regionalen Drogenhandel und agierte als Ty­rann. Womit aus der Sicht der USA die Intervention moralisch gerecht­fertigt ist.

Gibt es sonst noch Länder, die solche Bösewichter aus der Sicht Washingtons beherbergen? Im jetzt demokratischen Block Lateiname­rika finden sich als Abweichler lediglich Haiti, Nikaragua und Kuba. Haiti befindet sich bereits im Übergang zur Demokratisierung und plant zwei Wahlgänge.

Kuba und Nikaragua hingegen stellen für Washington nach wie vor totalitäre, marxistische, tyran­nische und korrupte Regime dar, die angeblich vom Drogentransfer profitieren. In Sachen Kuba wartet man ab, ob sich eine Öffnung ä la Osteuropa ergeben wird. In Nika­ragua hingegen muß am 25. Fe­bruar gewählt werden.

Nach einem treffenden lokalen Bonmot sind Wahlen in Mittelame­rika nur dann fair, wenn die Oppo­sition gewinnt. Dieser Möglichkeit kommt Nikaragua aber selbst bei ganz sauberen Wahlen sicher nicht nahe. Zwar könnte die sandinisti-sche Staatspartei die absolute Mehrheit verlieren, aber die relati­ve wird ihr niemand nehmen.

Auch gegenüber dem anderen Lateinamerika trumpfen die USA jetzt auf: Die Redemokratisierung ist abgeschlossen und wird (warum eigentlich?) als Erfolg der USA verbucht; die Liberalisierung der Wirtschaft schreitet voran, und Hürden, die noch im lateinameri­kanischen Nationalismus wurzeln, werden laufend abgebaut.

So könnten die interamerikani­schen Beziehungen herzlicher sein denn je, gäbe es in Washington nicht die Besessenheit, die Schlacht ge­gen die Drogensucht vieler US-Bürger in Lateinamerika schlagen zu wollen.

Am 15. Februar besucht Präsi­dent Bush den interamerikanischen Drogengipfel im kolumbianischen Cartagena. Dort werden die Direk­tiven für die kommende Drogen­schlacht ausgegeben. Wie die Auf­teilung der Aufgaben aussehen wird, läßt sich jetzt schon sagen: Die lateinamerikanischen Demo­kratien stellen die Hilfstruppen bei, die eigentliche Schlacht aber wird von US-Kerntruppen auf südame­rikanischem Boden geschlagen werden - nach den Regeln des Großen Bruders.

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