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James Joyce linke und rechte Hand

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So könnte man die aus Baltimore stammende Sylvia Beach tatsächlich nennen, die als engagierte Buchhändlerin im Paris der zwanziger Jahre eher zufällig mit dem irischen Dichter James Joyce in näheren Kontakt trat. Fast spontan bot sie ihm an, sein Jahrhundertwerk „Ulysses" zu verlegen. was angesichts mangelnder Erfahrung ein ziemliches Wagnis war. Aber Beach schaffte es mit Intelligenz und Energie, Joyces literarischen Stern in Europa aufgehen zu lassen. Über zehn Jahre bildeten Autor und Verlegerin eine intensive Arbeitsgemeinschaft, die trotz vieler Klippen und Unwägbarkeiten bis 1932 anhielt. Doch die mutige Sylvia Beach war keineswegs Joyces Muse, sondern schon weit eher eine Märtyrerin des extrem ichbezogenen Schriftstellers. Joyce nutzte die Verbindung, um sich nicht nur andauernd mit Vorschüssen bedienen zu lassen, Beach fungierte gleichsam auch als seine Privatsekretärin, die sich um die kleinsten Dinge zu kümmern hatte. Kein Wunder, daß sie schließlich resignieren mußte.

Wer sich von den über 200 Briefen, Karten und Telegrammen literarische oder gar persönliche Aufschlüsse über Joyce erwartet, wird sicher enttäuscht werden. Größtenteils geht es hier um geschäftliche und editorische Details. Ein guter Briefeschreiber war der Autor ohnedies nicht, und die Mitteilungen sind daher zumeist trivialeren Inhalts. Joyce war ein Besessener seines Schaffens, so daß er beinahe völlig hinter diesem verschwand. Immerhin haben die Herausgeber mit der sorgfältigen Bearbeitung und Kommentierung interessante neue Aspekte für die Joyce-Forschung geliefert. Für Leser und Liebhaber des Joyceschen CEuvres allerdings wird diese Briefsammlung von eher sekundärer Bedeutung bleiben.

JAMES JOYCE. Briefe an Sylvia Beach 1921 -1940. Hrsg. von Melissa Banta und Oscar A. Silverman. Aus dem Englischen von Claudia und Michel Bodmer. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1991. 333 Seiten, öS 452,40.

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