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Kampf um Troja

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Wer Sch'Memann nennt, denkt Troja. Aber der geniale Dilettant, der seinen Homer, gegen altes Vorurteil, ganz real nahm, der schon als Knabe den Troja-Traum träumte, er sah Ilion erst mit 46 Jahren.

Schliemann vereinigte höchst fruchtbar die Extreme: Begeisterung und Kalkül, Schwärmerei und wülensstarke Zähigkeit, Traumglauben mit Rationalität und ein rastloses Temperament. So interessant die Mischung ist, so spannend die Biographie dieses seltenen und seltsamen Mannes.

Franz Georg Brustgd zeichnete seinen geliebten Gegenstand mit fast rührend begeisterter Manier; ein wenig altväterlich wird hier Detail zu Detail gestellt, ein wenig unbeholfen in den brav gemischten Farben gemalt — das kulminiert schließlich doch arg simpel und steifleinen^unerträglich in den direkten Reden etwa des Ehepaars Schliemann, das so unfreiwillig ins Komische verfremdet wirkt.

Davon abgesehen ein nützliches Buch, sein Held jedenfalls verblüfft nahezu ständig. Welch eine Karriere aus dem ärmlichen Pfarrhaus im Mecklenburgischen über die Lehrlingszeit im Krämerladen einer Kleinstadt zum Bürodiener in Amsterdam, als welcher er sich mit kaum faßlichem Lerneifer und mit einer abenteuerlichen Methode zahlreiche neue und die klassischen alten Sprachen beibringt.

Dann dieser aufregende, mutige, halsbrecherische Aufstieg: 50.000 Reichstaler in zehn Monaten verdient, bald schon ein Kapital, das schließlich 33.000 Taler Zinsen abwirft; „Bildungsreisen“ führen rund um den Globus; mit 44 beginnt ein Studium an der Sorbonne: ägyptische Philologie und Archäologie, griechische Philosophie und Literatur, , arabische Sprache und Dichtung, nebenbei wird Persisch gelernt, nebenbei fährt man in Geschäften nach Rußland oder in die USA. Welch ein Phänomen!

Bekannter dürfte das letzte Lebensdrittel sein: die erste Griechenlandfahrt 1868, Graben auf Ithaka, in Mykene, Orchomenos, Tiryns — und schließlich Schliemanns Kampf um Troja mit zum Teil grotesken Finten, Ausfällen, Niederlagen, bis hin zu dieser letzten, daß er zwar einen Schatz, nicht aber die mykenische Burg fand, das war Dörpfeld beschieden.

„Er war ein Besessener“, stellt Brustgi resümierend fest, „versessen in jede einmal ergriffene Arbeit, rücksichtslos und verschlossen, ledern-zäh und wendig-schlau, grob und gütig, großmütig und despotisch, mit liebenswerten Zügen nur in engstem Kreise...“

HEINRICH SCHLIEMANN von Franz Georg Brustgi, Nymphen-burger Verlagsbuchhandlung, München. 342 Seiten, DM 28.—.

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