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Katyn-Massaker

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Vor 40 Jahren wurden im Ka-tyn-Wald bei Smolensk/UdSSR Massengräber von mehr als 4000 polnischen Offizieren entdeckt. Aus diesem Anlaß ist unlängst im exilrussischen Possev-Verlag das Buch „Katyn - Ungesühntes Verbrechen" des Polen Josef Mackie-wicz erschienen.

Die 230 Seiten des Werkes mit Bilddokumenten haben allein deswegen zeithistorischen Wert, weil der Autor 1943 der internationalen Sachverständigen-Kommission angehörte, die bei der Exhumierung und Identifizierung der Leichen vor Ort dabei war. Sie stellte auch eindeutig das sowjetische NKWD als Urheber fest.

Nach einer Vorgeschichte über die damaligen inneren Verhältnisse der UdSSR verfolgt der Autor mit Akribie den Weg von mehr als 15.000 Landsleuten aus den Lagern Kozielsk, Starobielsk und Ostaschkow. Die Spuren von 10.000 verlieren sich für immer, die anderen 5000 wurden in Katyn gefunden.

Der Mord von Katyn galt für die westlichen AUüerten mit Blick auf die UdSSR lange als „top secret". Energisch und vergeblich forderte 1943 Polens Ministerpräsident und General W. Sikorski die Aufklärung des Massakers und des Verbleibs der anderen 10.000 Kameraden.

Als die Sowjets Katyn zurückeroberten, traten sie zur Gegenoffensive an. Gefaßte Mitglieder der Sachverständigen-Kommis sion fielen um, Zeugen verschwanden.

Während des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses war Katyn weiterhin tabu. Erst 1951 setzte der US-Kongreß eine Sonderkommission ein. Sie hörte auch den Autor an.

Das Buch befaßt sich mit allen Aspekten dieses Verbrechens. Ein Quasi-Schuldbekenntnis von Beria und Molotow wird angeführt. Der Dokumenten- und Fototeil zeigt die Kommissionsmitglieder bei der Exhumierung und Identifizierung der Ermordeten. Die bei ihnen gefundene Korrespondenz und Sowjetzeitungen lassen die Tatzeit vermuten: April 1940.

Katyn und das Verschwinden weiterer 10.000 Beamter, Polizisten, Intellektueller, Geistlicher, Gutsherren (auch General Jaruzelskis Vater kam nicht mehr aus Sibirien zurück), Berufssoldaten - darunter drei Frauen mit Offizier sgraden — belastet die polnisch-sowjetischen Beziehungen noch immer. Die Massengräber befinden sich heute weit ab von der Touristenroute.

Dennoch gelang es waghalsigen Polen, dorthin vorzudringen: Noch immer werden die Opfer des NKWD als solche der Deutschen Wehrmacht per Mahnmal in kyrillischer Schrift ausgegeben — obwohl kein Pole daran glaubt.

KÄTVN - UNGESÜHNTES VERBRECHEN. Von Josef Mackiewicz. Possev-Verlag, Frankfurt a. M. 1983. 244 Seiten mit zahl-, reichen Abb.. Pbck., öS 136,80

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