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Kirchlicher Eheprozeß

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In dem Anliegen der Annullierung der Ehe steht jedem zur Beratung und kirchenrechtlichen Klärung der Möglichkeiten in seinem Fall sowie zur Durchführung des kirchlichen Eheprozesses ein Anwalt zur Verfügung. Nach Darstellung und Klärung aller mit dem Sachverhalt zusammenhängenden Umstände kann im Gespräch durch den Anwalt klar aufgezeigt werden, welche Möglichkeiten im konkreten Fall in der Sicht des Kirchenrechtes offenstehen. Es wird weiters aufgezeigt, welche rechtlichen, faktischen und aufwandsmäßigen Konsequenzen die im Kirchenrecht vorgesehenen Lösungsmöglichkeiten nach sich ziehen.

Steht im konkreten Fall die Möglichkeit einer Prozeßführung offen, hilft der Anwalt, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einreichung der Ehenichtigkeitsklage beim zuständigen Diözesangericht zu erfüllen. Nach Einreichung der erforderliehen Schriftsätze — Klageschrift mit den Beweismitteln und Dokumenten — beginnt der kirchliche Eheprozeß nach Annahme der Klageschrift durch das Diözesangericht. Die Parteien und die angegebenen Zeugen werden zur Einvernahme eingeladen, wobei es beim kirchlichen Eheprozeß niemals um eine Schuldfrage oder um moralische Wertungen der Personen geht, sondern ausschließlich darum, ob die gegenständliche Ehe im Sinne des geltenden Kirchenrechtes ungültig zustande gekommen ist und diese Ungültigkeit auch bewiesen werden kann.

Die während der getrennten Einvernahme der Parteien und Zeugen verfaßten Protokolle hegen einem Richterkollegium von drei Diözesanrichtern vor, nachdem auch seitens des kirchlichen Ehebandverteidigers und des Rechtsbeistandes der Parteien die Argumente vorgelegt worden sind.

Das schriftliche Urteil wird beiden Parteien zugeschickt. Ein kirchliches Eheprozeßverfahren darf — so die Höchstgrenze des kirchlichen Gesetzbuches — in erster Instanz höchstens ein Jahr lang dauern, sollten nicht besondere Gründe — wie das Einholen von Gutachten und Rechtshilfeersuchen — eine längere Dauer rechtfertigen. In zweiter Instanz ist die Höchstdauer ein halbes Jahr.

Was die Kosten eines kirchlichen Eheprozesses betrifft, so schreibt das Diözesangericht für die Durchführung als Kostenbeitrag bis zu 2.500 Schilling vor. Bei Vorhegen entsprechender Gründe (etwa Arbeitslosigkeit)

kann um Befreiung angesucht werden. Die anwaltliche Vertretung ist kostenlos.

Ist das Urteil der ersten Instanzpositiv (die Ehe ist annulliert), dann wird in zweiter Instanz ein Prüfungsverfahren durchgeführt (Bestätigung oder Durchführung eines“ neuerlichen Beweisverfahrens). Erst nach Vorliegen zweier gleichlautender positiver Urteile gilt eine Ehe als annulliert und eine kirchliche Wiederverehelichung ist möglich.

Ist das Urteil der ersten Instanz negativ, die Ehe ist also nicht annulliert, wird angesichts der Urteilsbegründung zu überlegen sein, ob eine Berufung an die zweite Instanz sinnvoll erscheint.

Das Anliegen — die Annullierung der Ehe — betrifft den äußeren Rechtsbereich. Hinsichtlich der gewissensmäßigen Bereinigung sollte in diesem Zusammenhang ein Priester konsultiert werden.

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