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Konservativer Underground

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Während heute gesellschaftliche Minderheiten ihre Zukunft in einer Untergrundtätigkeit suchen, um von dort aus den Zielvorstellungen zum Durchbruch zu verhelfen, ist ein großes katholisches Lager ungewollt in den „underground” versunken. Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) — jene Organisation, die nicht in der Katholischen Aktion integriert ist — führte in den letzten Jahren ein Kümmerdasein.

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Während heute gesellschaftliche Minderheiten ihre Zukunft in einer Untergrundtätigkeit suchen, um von dort aus den Zielvorstellungen zum Durchbruch zu verhelfen, ist ein großes katholisches Lager ungewollt in den „underground” versunken. Die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV) — jene Organisation, die nicht in der Katholischen Aktion integriert ist — führte in den letzten Jahren ein Kümmerdasein.

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Zwar waren die einzelnen Verbände in ihrem Bereich aktiv, doch zu gemeinsamen Aktionen fehlte nicht nur der gute Wille, sondern auch eine starke AKV-Führung.

Bereits im Herbst 1970 standen die AKV-Funktionäre vor dem „eisernen Muß”, vor Neuwahlen. Der Präsident der Arbeitsgemeinschaft, der ÖVP-Abgeordnete Dr. Karasek, kündigte schon in den Sommermonaten an, daß er dieses Amt mit seinen Pflichten nicht mehr weiter ausüben möchte. Solcherart „kopflos” gemacht, begann eine hektische Aktivität: wer sollte die Nachfolge Kara- seks antreten?

Es wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich über die Vorbereitung der Neuwahl den Kopf zerbrechen und Karaseks Nachfolge „ausforschen” sollte. Allein: die Arbeitsgruppe war in ihrer Arbeit nicht vom Glück bedacht: der Vorschlag, den Präsidenten der „Turn- und Sport-Union”, Dr. Finder, zum Ka- rasek-Nachfolger zu küren, scheiterte am Willen Finders. Er lehnte ab.

In Sondierungsgesprächen suchte man nun fieberhaft nach einem neuen Präsidenten: der Vertreter der nichtfarbentragenden katholischen Studenten, Dr. Kurzl-Runt- scheiner — Beamter im Landwirtschaftsministerium und mit dem „Preisausgleich für Futter und Düngemittel” befaßt —, entlockte bei den übrigen Verbänden wenig Begeisterung.

In dieser Situation — die Jahreshauptversammlung war schon längst überfällig — erklärte sich Dr. Karasek zu einer Wiederkandidatur bereit. Mit vierteljähriger Verspätung kam es dann zum AKV-Gipfeltreffen, bei dem der ÖVP-Abgeordnete wieder zum Präsidenten gewählt wurde. Vor dieser Wiederwahl hatte Karasek ein Rundschreiben an „alle Mitgliedsverbände über den Wahlvorschlag” kursieren lassen, in dem darauf hingewiesen wurde, „daß eine Kampfabstimmung nicht zweckmäßig und den Zielen der Arbeitsgemeinschaft nicht förderlich wäre”. Auch die Selbstkritik kannte keine Grenzen: Karasek vertrat die Meinung, „daß die AKV trotz der persönlichen Belastung des Präsidenten wieder in eine Phase der Aktivität geführt werden müßte. Voraussetzung hiefür wäre eine entsprechende Geschäftsverteilung und eine weitgehende persönliche Entlastung”.

Zwei Verbände — der insgesamt siebzehn — demonstrierten durch Schweigen ihre Macht und erreichten damit das, was sie erreichen wollten. Der CV und der MKV hoben wiederum Karasek auf den Präsidentenstuhl und sicherten sich ihren Einfluß: der Vorsitzende des MKV, Hans W. Kaluza, wurde — mit Professor Cejnek vom Reichsbund und Salesny von Kolping — zum Vizepräsidenten gewählt und die große „Union” ging leer aus. Deren Kandidat Dr. Wagerer kandidierte zwar,

erschien aber vorsorglich nicht auf dar Jahreshauptversammlung. Jetzt ist dar Verband „beleidigt” und überlegt einen Austritt aus der AKV.

Kurz nach der Wahl wurde in einer Präsidialsitzung die „Entlastung des Präsidenten” in die Wege geleitet: Kaluza wurde für den Bereich Politik, Öffentlichkeitsarbeit und Organisation gewählt, Cejnek und Salesny teilen sich den Bereich Kirche.

Das neue AKV-Gespann will die Arbeitsgemeinschaft so bald wie möglich aus dem „Dornröschenschlaf” wecken: am 19. April findet die nächste Präsidialsitzung statt, in der personelle Veränderungen im Referentembereich zur Debatte stehen. Und schon eine Woche später soll eine Vorstandssitzung mit der künftigen Programmatik der AKV befaßt sein, um der Stimme der katholischen Verbände wieder zur Geltung zu verhelfen. Man will dem „underground” entfliehen und wieder an die Öffentlichkeit treten: wie einst im Mai.

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