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FRANZ KARASEK / VON DER ÖSTERREICHISCHEN VERANTWORTUNG

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„Österreich wird bestehen, wenn wir uns den Mut, die Kraft und die Fähigkeit Zutrauen, zu jeder Zeit, in jeder Situation mit der gesamten Menschheit im großen Weltprozeß die Verantwortung zu teilen, die Verantwortung einer zivilisierten, europäischen Nation.” Mit diesem Satz schloß Dr. Franz Karasek seinen jüngsten vielbeachteten Vortrag.

Der Kabinettchef des Bundeskanzlers, der sich manchmal selbst ironisch „Auge und Ohr des Kanzlers” nennt, hat in diesem wie in zahlreichen anderen Vorträgen versucht, die neue Position des neutralen Österreich in einer Welt, die von den Block- Vorstellungen von gestern abgeht, zu bestimmen und der Öffentlichkeit zu erläutern.

Am 13. März 1938 war der Mittelschüler Karasek 14 Jahre alt, erlebte also sehr bewußt — als Mitglied der Katholischen Jugend — den Untergang Österreichs. Von 1942 bis 1946 trug er den immer fadenscheiniger werdenden Rock der deutschen Wehrmacht, einige Jahre später studierte der ehemalige PW bereits in Paris am Institut für Internationales Recht: drei Komponenten, die entscheidend den Weg Karaseks beeinflußt haben.

Der Jusstudent Karasek arbeitete nach 1945 aktiv in der Hochschulpolitik mit — am Aufbau der studentischen Selbstverwaltung — und fand auch bald den Weg in die Reihen der katholischen Hochschulverbindung „Norica”. Nach der Promotion zum Dr. jur. karri der Parisauf enthält, ein wertvolles Lehrjahr für den diplomatischen Dienst, in den der junge Akademiker 1950 eintrat. Bald wurde Leopold Figl auf ihn aufmerksam und machte ihn zu seinem Sekretär, doch schon ein Jahr darauf wurde er 1953 Sekretär des neuen Kanzlers Julius Raab.

Die drei Jahre an der Seite Julius Raabs waren mehr, viel mehr als mit Arbeit randvoll angefüllte Sekretärsjahre: Karasek lernte das große außenpolitische Konzept des „Baumeisters eines freien Österreich” in allen Einzelheiten kennen und erlebte alle Stationen jener Jahre zwischen „Befreiung und Freiheit”. Parallel dazu lief die Diskussion um Grundsatzfragen des katholischen Bereichs, die schließlich 1954 mit der Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände”, an der Karasek maßgeblich beteiligt war, endete.

Schon 1956 sollte — über Wunsch Julius Raabs — der letzte Schritt in die Politik getan werden. Es kommt nicht dazu: Franz Karasek geht vielmehr als Botschaftsrat an die österreichische Vertretung nach Paris, in ein Paris, das gerade von den Fieberschauern des Algerienkrieges geschüttelt wird, wo sich der General eben anschickt, die Macht zu ergreifen, wo aber auch hart um die wirtschaftliche Zukunft Europas gerungen wird. Vier Jahre später: Botschaftsrat in Moskau, wieder in ein Nervenzentrum einer damals akuten Krise. Der Moskau—Peking-Kon- flikt erreicht einen ersten Höhepunkt, vor Kuba kreuzt die US- Navy… Doch das kümmert den Diplomaten, der den Russen als enger Vertrauter Julius Raabs wohlbekannt ist, weniger. Es geht ihm vor allem darum, den in letzter Zeit brüchig gewordenen Vertrauensfaden zwischen Wien und Moskau, wieder stärker zu verknüpfen. Und dann, 1964, kommt überraschend der Ruf nach’ Wien, als Kabinettchef des neuen Kanzlers, als dessen außenpolitischer Berater Dr. Karasek heute gilt. Seine Politik ist nicht immer verstanden worden, doch stellt Dr. Karasek — ebenso wie Julius Raab — immer wieder mit Nachdruck fest, daß an der ideologischen Ausgangsposition Österreichs nichts geändert werden darf, eine Gefahr, die in der Ostpolitik der österreichischen Sozialisten, im gemeinsamen marxistischen Fundament, durchaus begründet ist.

Leiter des außenpolitischen Arbeitskreises der „Aktion 20” und vom ÖAAB seines Wiener Heimatbezirkes Döbling einstimmig nominierter Kandidat für einen Sessel im österreichischen Nationalrat: Der Einsatz Doktor Franz Karaseks wird auf der höchsten wie auf der untersten Ebene seiner Partei gleichermaßen verstanden wie gewürdigt. „Aber wenn der Weg Österreichs”

— so Dr. Karasek — „in der Neutralität auch nicht immer der bequemste ist, so glaube ich sagen zu können, daß er für diesen Staat, der an der Grenzlinie zwischen Ost und West liegt, jener ist, der den österreichischen Interessen am besten dient.”

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