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Kreon kontra Odipus

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Im Steintheater auf Salzburgs Heilbrunner Berg wurde bekanntlich Anno 1617 die erste Oper nördlich der Alpen aufgeführt, Monte-verdis „Orfeo“. Diese zerklüftete, vermooste Riesenhörmuschel, die an Urhaftes gemahnt, ist vom optischen Eindruck her vorzüglich geeignet, Stücken, die mythische Geschehnisse vorführen, als Bühne zu dienen.

So wurde da im Rahmen des Heilbrunner Festes die Tragödie „Ödipus und die Sphinx“ von Hugo von Hofmannsthal in der Inszenierung von Oscar Fritz Schuh, dem künstlerischen Leiter dieses Festes, dargeboten. Angeregt von Peladans Stück gleichen Namens hatte Hofmannsthal im Jahr 1904 eine Trilogie geplant, aber nur das erste Stück ausgeführt. Es wird also ein Fragment wiedergegeben.

Hofmannsthal bietet die Vorgeschichte des Sophokleischen ödipus-Schicksals. Wir erfahren aus einem Gespräch des ödipus mit einem Diener die geheimnisvolle Vorhersage des Delphischen Orakels, wir wohnen bei, wie der Verstörte unwissend seinen Vater Laios erschlägt. Das lange Gespräch hat Oskar Fritz Schuh in einen Monolog verwandelt, den Totschlag führt er nicht vor. Bestrebt, nicht nur die sonst sehr lange Spieldauer auf eine Stunde fünf Minuten zu kürzen sondern um die Aufmerksamkeil auf das hier Wesentliche zu konzentrieren.

Antiope, die Mutter des Laios, die zunächst Jokaste Unfruchtbarkeit vorwirft, bis sie erfährt, was sich mit dem Säugling der Königin begab, sieht dann in ödipus einen Gott, der den fehlenden Erben gewährleistet. Vor allem aber gibt es hier in Kreon einen düster wirkenden Gegenspieler, der als Kind Laios in der Hochzeitsnacht den verhängnisvollen Spruch der Priester brachte und sich, seither durch Jokaste „entmannt“, ebenfalls einem dunklen Geschick verhaftet fühlt, wobei er doch nach der Königskrone giert. Als ödipus, der Sieger über die Sphinx, der gar nicht kämpfen mußte — sie stürzt sich in den Abgrund —, dennoch weiterhin den Fluch auf sich lasten spürt und Kreon bittet, ihn zu töten, vermag es dieser den Träumen Verhaftete letztlich nicht. Triumphaler Schluß, die Verbindung des ödipus mit Jokaste, von der wir wissen, wieviel Unheil sie in sich birgt.

Da sind in der Fabel neue Akzente gesetzt, die Verstrickung ins Schicksalhafte ist noch verstärkt, Hofmannsthal zeigt im Geschehen besonders die antike Auffassung, wie wenig die Menschen die Täter ihres Tuns sind. In allem wird hier das Wirken geheimnisvoller Mächte spürbar. Und eben dieser Eindruck ergibt sich gerade auch durch den Spielort, wenn die Darsteller aus den Höhlungen der Felswand herauskommen oder der Wand sehr oft in verschiedener Höhe verhaftet bleiben.

Heinz Ehrenfreund gibt dem ödipus jugendlich lodernde Gefühlskraft, Ruth Niehaus ist eine ver-innerlichte, noch bildsame Jokaste Mario Scanzoni gerät als Kreon etwas ins zu sehr sichtbare Hämische; maskenhaft wirkt Maria Schanda als Antiope. Unter den übrigen Mitwirkenden heben sich Wolfgang Dörich als Teiresias, Frits Holzer als Magier und Gerd Rigauer als sehr bestimmt auftretender Sprecher des Volks heraus.

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