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„Medea — Heute“

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Auch heuer tagte wieder das Grillparzer-Forum auf Burg Forchtenstein. Wissenschaftler, Theäter-praktiker und Theaterkritiker aus sieben Ländern Europas, aus den USA und Kanada unter dem Präsidium von Intendant Herbert Alsen und der Tagungsleitung von Heinz Kindermann hoben das Gegenwartsnahe, Lebendige der Grillparzer-schen Dramatik am Beispiel der „Medea“ hervor, die heuer bei den Burgspielen Forohtenstein aufgeführt wurde.

Elisabeth Orth, die Darstellerin der Titelrolle, bezeichnete in einer der Sitzungen diese Tragödie als eines der aufregendsten Frauen-stücke, die es gibt. Konrad Schaum, Denver (USA), erklärte, es gehe da um den durch inhumane Mächte gefährdeten Menschen, Medea sei kein Fabelwesen. Ulrich Fülleborn, Er-langen-Nürnberg, stellte fest, daß der Übergang aus einer vorgeschichtlichen Welt immerwährender Gegenwart zu einer geschichtlichen vorgeführt werde, die eine Wiege der Zukunft sei. Über die Darstellerinnen der Medea am Burgtheater von Sophie Schröder, Charlotte Wolter, Adele Sandrock bis Martha Wal in er sprach Hilde Haider, Wien.

Medea ist als Bühnenfigur zweieinhalb Jahrtausende alt. Joachim Müller, Jena, wies darauf hin, daß es ungeklärt sei, ob sie in der Tragödie von Euripides erstmals als

Kindermörderin dargestellt wurde. Aus den zwei Dutzend Medsen-Dra-men griff er sieben heraus, als jüngstes ein Stück von Matthias Braun. Heinz Dietrich Kenter, Stuttgart, berichtete über seine Grazer Inszenierung der „Medea“ von Euripides, wobei er hervorhob, daß das Unmaß an Emotion in diesem Stück nicht wiedergebbar sei, weshalb er die rationalen Bezüge herausarbeitete. Im Jahre 1678 heiratete Karl V. von Lothringen Eleonore, verwitwete Königin von Polen, eine Halbschwester Leopolds I., in Wiener Neustadt. Dabei wurde ein Medea-Stück „II vello d'oro“ von Nicola Minato, Musik von Antonio Draghi mit Bühnenbildern von Ludovico Ottavio Bur-nacini aufgeführt. Margret Dietrich, Wien, zeigte auf, daß da fast jeder Zug der Handlung Bezüge zur damaligen politischen Situation hatte.

Neben anderen Vorträgen über Grillparzer gab es diesmal eine Erweiterung der Thematik: Urs Heimersdorfer, Bern, führte in Ausschnitten die Aufnahme von Nestroys „Der alte Mann mit der jungen Frau“ durch Radio Bern vor, dieses Stück, das Nestroy für sein bestes hielt, aber erst 1947 in Graz zur Uraufführung gelangte. Dabei wurde erwähnt, daß es kein Wort Griillparzers über Nestroy gibt, Nestroy dagegen erklärte: „Ich baue auf Grillparzer.“

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