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Den Kampf des einzelnen in einem essayistisch-autobiographischen Roman darzustellen, wie der Autor selbst seine „Unmeisterlichen Wander jähre“ nennt, ist ein meisterliches Unternehmen. Groß ist die Gefahr, den Wellen geistiger Verdunkelung zu begegnen. Kaum sind die Nebel des einen ideologischen Un-geists verflogen, ziehen schon die nächsten auf.

Amery versteht die historische Gratwanderung darzustellen, zeigt das Wirken des einen, sich zum Teil fortschrittlich nennenden Lagers und diesem gegenüber, mit ihm aber verbunden, auch das Wirken des Konservativismus.

„Die moralische Unmöglichkeit der Logodizee sollte, man würde das meinen, durch politische und kriegerische Greuel sich längst bündig erwiesen haben.“ Solch deutliche Aussagen macht nur ein von der Geschichte Gebrannter. Amery ist einer von ihnen. Die Lektüre wird umso kostbarer, je mehr man willens ist, aus der Erfahrung, anderer zu lernen. Vieles in seinem Buch mag der Legendenbildung entgegenwirken, ist er doch Zeuge der Zeit. Zum Beispiel: Während unsere Stadtväter das kulturelle Klima Wiens um die Jahrhundertwende beschwören, legt Amery dar, wie abgeschlossen die intellektuellen Kreise waren und daß ihnen die Bevölkerung mehr oder weniger nur als Kulisse diente.

UNMEISTERLICHE WANDERJAHRE. Von Jean Amery. Verlagsgemeinschaft Klett-Cotta, Stuttgart 1985. 147 Seiten, kart., öS 115.-.

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