7065311-1992_02_01.jpg
Digital In Arbeit

Rebellenstaat Georgien

19451960198020002020

Rebellen, wie es im internationalen Agentur-Ton heißt, haben den seit 22. Dezember 1991 im Parlament der georgischen Hauptstadt Titus verschanzten Präsidenten Swiad Gamsachurdia vertrieben. Der frühere Oppositionelle, der 17 Jahre wegen „antisowjetischer Propaganda" im Gefängnis saß, scheiterte am christlich verbrämten Nationalismus.

19451960198020002020

Rebellen, wie es im internationalen Agentur-Ton heißt, haben den seit 22. Dezember 1991 im Parlament der georgischen Hauptstadt Titus verschanzten Präsidenten Swiad Gamsachurdia vertrieben. Der frühere Oppositionelle, der 17 Jahre wegen „antisowjetischer Propaganda" im Gefängnis saß, scheiterte am christlich verbrämten Nationalismus.

Werbung
Werbung
Werbung

Die Kämpfe in der Kaukasusrepubl ik Georgien haben Beobachtern zufolge 80 Töte und mehr als 400 Verletzte gefordert. Der nationalistische und anti-pluralistische Kurs von Präsident Swiad Gamsachurdia, eines georgisch-orthodoxen Christen, zerschellte am Widerstand einer vielfältig zusammengesetzten Opposition. Gamsachurdia, der bei den Wahlen zum Obersten Sowjet im Herbst 1990 in Georgien mit seinem Wahlblock „Runder Tisch - Freies Georgien" die absolute Mehrheit errungen hatte und im Mai des Vorjahres mit 86,5 Prozent der Stimmen von seinen Landsleuten zum Präsidenten gewählt worden war, schwebte ein christlich-nationales Georgien vor, in dem ethnischer, religiöser und in weiterer Folge auch politischer Pluralismus nicht gefragt waren. j

Schon bald nach der Machtübernahme Gamsachurdias in Georgien, das sich am 9. April 1991 für unabhängig erklärte, begann eine Kampagne gegen oppositionelle Kräfte. Erstes Ziel war die Organisation Mchedrioni (Reiter), eine Bürgerwehr, die sich nach dem Massaker in Ti-flis 1989 gebildet und Schiedsaufgaben in den ethnischen Streitereien in

Abchasien sowie in Südossetien übernommen hatte. Die etwa 5.000 Mitglieder von Mchedrioni waren seit Februar 1991 verschiedenen Repressalien ausgesetzt, ihre Leitung - darunter Jaba Joseliani - wanderte ins Gefängnis. Gemeinsam mit der als „kriminelle Bande" eingestuften Mchedrioni wurden von Gamsachurdias Regierung auch die älteste Opposition in Georgien, die Gesellschaft Illia Czawczawadze, und die sogenannte Unabhängigkeitspartei bekämpft. Die Intelligenz des Landes trat bald auf die Seite der antinationalistischen freiheitlichen Opposition.

Momentan herrscht in Tiflis ein Militärrat unter Tengis Sigua, dem im

September von Gamsachurdia entlassenen Ministerpräsidenten, und Tengis Kitowani, dem Führer der Nationalgarde.

In den Republiken der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Rußland, Ukraine, Aserbeidschan, Moldawien und Weißrußland sind vor kurzem die Preise freigegeben worden, was die Grundnahrungsmittel und die Preise im öffentlichen Verkehr um das Drei- bis Fünffache steigerte. Die Ukraine und Weißrußland haben zum Ausgleich die Löhne verdoppelt. Armenien und Kasachstan haben bei der Preisfreigabe zu Beginn dieser Woche nachgezogen, die mittelasiatischen Republiken Turkmenien, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan beraten zur Zeit, ob sie sich dieser Maßnahme anschließen wollen. Georgien gehört nicht zur GUS.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung