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Schnitzlers Alpenkonig

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Die kassenfüllende Idee des Grazer Intendanten Dr. Nemeth, statt einer Schar fest engagierter Regisseure namhafte und bedeutende Theaterleute für einzelne Produktionen zu verpflichten, hat sich — ebenso wie in der Oper — auch im Schauspiel gut bewährt. Nach Hering und Barlog ließ sich auch Heinrich Schnitzler nach Graz holen, um hier seinen ersten Raimund zu inszenieren. Eine Konstellation, die in der „Papierform“ glänzend aussieht: der Josefstädter Regisseur im Bunde mit dem Maler Georg Eisler erarbeitet den „Alpenfcönig“ im biedermeierlichen Schauspielhaus zu Graz. Die rauhe Wirklichkeit jedoch war weniger harmonisch: auf den Proben gab es Krach, der berühmte Regisseur verließ die Stadt und überließ die Premiere ihrem Schicksal. Diese hingegen war mehr als akzeptabel. Bedenkt man, was einem landauf, landab so alles an Raimund zugemutet wird (die Salaburger Festspiele mit dem Kurt Meiseischen „Alpenkönig“ nicht ausgenommen), so ist das, was Heinrich Schnitzler den Grazern als unfertiges Kind seiner Muse hinterließ, von höchst sehenswerter Qualität. Wäre nicht der Wermütstropfen, daß hier ein verdienter und verehrungswürdiger Mann vom Jungherren-Team eines dreiköpfigen Direktoren-Kollektivs peinlich vergrämt wurde — es hätte nichts als reines Vergnügen gegeben ob einer bis in Kleinigkeiten hinein liebe- und kunstvoll durchdachten Deutung dieses vielleicht tiefsten Werkes von Raimund. Nicht nur Vergnügen, sondern auch Bewunderung: Schnitzler und Eisler hatten ein ganz reines, solide ausgezirkeltes, in Bild, Stimme und Farbe dem Geist jener nachjosephrnischen Epoche gegenwartsgerecht angepaßtes Werk geschaffen, das den psycho-pathologischen Abgründen den propädeutischen Willen zur Heilung, zum Gesunden, in anmutigster Weise zu verbinden wußte. Das Ensemble ging auf diese Intentionen stilsicher ein — mit einer einzigen Ausnahme leider: Fritz Holzer spielte einen komödiantisch outrierten Rappelkopf aus dem Typenbüchel.

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