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Der empfindliche Hassel

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Die Bundeswehr ist ja in Deutschland noch wenig beliebt, und der Mann auf der Straße war ohne weiteres bereit, den Ausführungen Heyes zu glauben. Dazu trugen neben den schon erwähnten Vorgängen auch noch Erklärungen des jetzigen Bundesverteidigungsmini-sters von Hassel bei, der wahrscheinlich in viel größerem Maß an der jetzigen Situation schuld sein dürfte als sein Vorgänger Strauß. Wenn Strauß auch in der Bundes-

wehr ein persönliches Machtinstrument sah, so hat er doch im wesentlichen an den Grundsätzen der inneren Führung festgehalten.

Anders von Hassel. Schon bei der Ernennung dieses viel konservativeren Mannes zum Bundesverteidigungsminister, der als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein dieses Land nicht von dem Verdacht hatte reinigen können, ein Schlupfwinkel nazistischer Gesinnung zu sein, wurden Zweifel laut, ob unter ihm nicht

der Einfluß der Generäle übermächtig werde, die von den Grundsätzen der inneren Führung wenig oder gar nichts hielten. Durch Reden, in denen er die Notwendigkeit härtester Ausbildung vertrat, und nicht zuletzt dadurch, daß er die beiden Reformer Baudissin und Kielmanns-egg auf unwichtige Posten im Ausland abschob, hat er diesen Verdacht verstärkt. Es ist daher verständlich, daß er auf Heyes Feststellungen besonders empfindlich reagierte.

Sachlich dürfte Heye mit seinen Feststellungen nicht ganz unrecht haben. Es ist ein offenes Geheimnis, daß in der Bundeswehr die Grundsätze der inneren Führung nicht überall so beachtet werden, wie es sein sollte. Es ist nur die Frage, ob das eine Folge der mit dem raschen Aufbau unvermeidlich verbundenen Personalschwierigkeiten ist oder ob es sich dabei um eine von oben stillschweigend geduldete Gegenbewegung gegen den Geist der Reformer handelt. Handelt es sich um Mißstände, so wird es nicht schwer sein, sie abzustellen. Steht aber, wofür einige Anzeichen sprechen, eine von oben geduldete Bewegung innerhalb der Bundeswehr dahinter, so wird es zu heftigen Auseinandersetzungen kommen.

So betrachtet, ist Heyes Warnung jedenfalls gerade zur rechten Zeit gekommen.

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