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Extreme als Sieger

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Am 30. Juni 1930 waren die letzten Besatzungstruppen aus dem Rheinland abgezogen, aber die Wirtschaftskrise überschattete die erste Lockerung des Versailler Vertrags.

Reichskanzler Heinrich Brüning, (Zentrum), sah in einer radikalen Reform der Staatsfinanzen die einzige Möglichkeit, der Wirtschaftsflaute, der Arbeitslosigkeit und der politischen Gespaltenheit des Landes Herr zu werden: Einsparungen, Steuererhöhungen und eine Verringerung der Staatsausgaben.

„Das Parlament würde es entweder als Ganzes annehmen oder aber zusehen müssen, wie es über seinen Kopf hinweg mit anderen Mitteln verwirklicht würde”, schreibt der britische Historiker Gordon Craig.

3,2 Millionen Arbeitslose brauchten Hilfe, die Arbeitslosenversicherung kam nicht mehr mit. Brüning wollte die fehlenden Mittel durch eine Erhöhung des Versicherungsbeitrags um ein Prozent und Sondersteuern beschaffen. Deutschnationale und Deutsche Volkspartei lehnten die Sondersteuern ab. Die Gewerkschaften stießen sich an den Beitragserhöhungen, die SPD vermißte eine Kürzung der Rüstungsausgaben. Gemeinsam mit den gewohnheitsmäßigen Neinsagern KPD und NSDAP stimmten sie alle gegen Brünings Reformpaket.

Der Reichskanzler antwortete, indem er seine Maßnahmen - aufgrund des Artikels 48 der Verfassung - mit Deckung des Reichspräsidenten als Notverordnung verkündete. Als die Reichstagsmehrheit dann die Verordnungen außer Kraft setzen wollte, löste Hindenburg den Reichstag auf und setzte Neuwahlen an.

Der 14. September 1930 - vor 65 Jahren - brachte die unerwartete Quittung: Die liberalen Mittelparteien schrumpften zusammen, auch die SPD erlitt Verluste. Gleichzeitig aber stieg die KPD mit 4,6 Millionen Stimmen von 10,8 auf 13 Prozent - die NSDAP am anderen Flügel jedoch von 2,6 auf 18,3 Prozent. Sie erreichte 6,4 Millionen Wähler und besetzte 107 Sitze, bisher waren es zwölf gewesen.

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