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Sünden von gestern

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Die Bauwirtschaft und die Autofahrerklubs mußten sich jahrelang von Finanzminister Androsch als „Baulobby“ respektive „Autofetischisten“ verspotten lassen, wenn sie darauf hinwiesen, daß der Straßenbau in Österreich bei den derzeitigen Finanzierungsvoraussetzungen in ein paar Jahren zum Stillstand kommt.

Daran änderte wenig, daß auch der zuständige Sektionschef im Bautenministerium eine ähnliche Meinung vertrat. Bautenminister Moser selbst zog es vor zu schweigen und bestätigte damit die in Jouma- listenkreisen zirkulierende Meinung, daß das Bautenres- sort ohnehin von der Himmelpfortgasse aus geführt wird.

Auch den Vorwurf, daß die Kontinuität der Auftragsvergabe zu Wünschen übrig ließe und den Straßenbau verteuere, weil die Leerkosten der teuren Maschinen unweigerlich in den nächsten Auftrag eingerechnet werden müßten, wischte Hannes Androsch in gewohnter Art vom Tisch.

Kritik an den vorfinanzierten Gesellschaftsstrecken - so ermittelte beispielsweise der Rechnungshof, daß jeder über Sondergesellschaften vorfinanzierte Autobahnkilometer zweieinhalb Mal soviel koste, wie ein direkt vom Bund finanzierter - nahm der Finanzminister stets persönlich; liegt die Gestion dieser Son- dergesellschaften doch in den Händen seiner persönlichen Freunde.

Es muß zu denken geben, daß die Erschließung zusätzlicher Mittel für den Straßenbau, der Übergang zu einer kontinuierlichen Auftragsvergabe und das Aus für vorfinanzierte Gesellschaftsstrecken die Kernstücke der „Roßkur“ (Kurier) sind, die der neue Bautenminister Sekanina dem Straßenbau verordnete. Das Konzept Sekaninas ist Offenbarungseid der bisherigen Straßenbaupolitik, Kritik an seinem Vorgänger und an Vizekanzler Androsch zugleich.

Kommentatoren vermerkten erstaunt, daß es Karl Sekanina schon nach einigen Wochen gelungen sei, die Schwachstellen in seinem Ressort aufzuspüren.

Bei allem Respekt vor der Problemlösungskapazität Sekaninas: Er brauchte nur zusammenfassen, was Experten aus allen Lagern seit Jahren unisono sagen. Man fragt sich unversehens, was es uns kosten wird, daß diese Expertenmeinung jahrelang von den beiden zuständigen Ministerien - Bauten und Finanz - nicht einmal ignoriert wurde.

Keineswegs wird man aus dem Rechenbeispiel Sekaninas, wonach zehn Groschen pro Liter Treibstoff 480 Millionen Schilling für den Straßenbau bringen, schließen dürfen, daß das die Dimension einer Benzinpreiserhöhung zur unaufschiebbar gewordenen Sanierung des Straßenbaubudgets ist.

Soll die Haftungsübernahme für die Sondergesell- schaften nicht zu Lasten des laufenden Baubudgets gehen, wird allein aus diesem Titel eine Erhöhung der Bundesmineralölsteuer um 40 bis 50 Groschen notwendig sein.

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