Bert Brecht hat seinerzeit - offenbar in einem prophe- tischen Anfall - Österreichs derzeitiges europäisches Schicksal besungen. „Ja, mach nur einen Plan, sei nur ein gro- ßes Licht, und mach noch einen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht". Nichts geht mehr, stöhnt der Bewohner der „Insel der Seligen ", der von aller Welt nur geliebt und geschätzt werden will.
Durchgefallen scheint Öster-
reich mit seinen Ambitionen, den KSZE-Gipfel nach Wien zu holen und dem neuen Haus Europa einen wienerischen Anstrich zu verpassen. Nichts wird aus der Ost-West-Bank, die das Wiener Gefühl, Dreh- scheibe zwischen den Welten zu sein, bestätigt hätte. Abgelehnt wurden 21 von Österreich in Brüssel eingereichte Projekte für das EG-Umweltforschungs- programm. Dabei hatte Außen- minister Alois Mock vor nicht allzu langer Zeit noch versi- chert, im EG-Forschungsbe- reich werde Österreich schon jetzt „wie ein Mitgliedsland" behandelt.
Bekümmert verweist der Österreicher auf die (optischen) Erfolge eines Vaclav Havel für die Tschechoslowakei oder auf das Selbstbewußtsein des Wirtr Schaftssprechers des Ungari- schen Demokratischen Forums, Istvdn Bethlen, der einen EG- Beitritt der Magyaren noch vor 1995 verkündet.
Es ist ein altes Leiden, daß der Österreicher immer depres- siv wird, wenn er erkennen muß, nicht für den Nabel der Welt, sondern bestenfalls für eine (vielleicht ganz reizvolle) Blind- darmnarbe gehalten zu werden.
Narben verweisen auf einen Heilungsvorgang. Auch Mißer- folge zeigen an, daß gekämpft wurde. In den komplexen poli- tischen Prozessen des heutigen Europa fällt niemandem etwas in den Schoß. Keiner darf dar- auf zählen, daß die eigenen In- teressen auch Anliegen der an- deren sind. Interessen müssen angemeldet und die politische Arena darf nicht nur anderen überlassen werden. Beharrli- chen Mut zur Auseinander- setzung, nicht Jammern braucht unser „vielgeliebtes Öster-
reich ".
