6987024-1986_30_03.jpg
Digital In Arbeit

Verwaistes Sorgenkind

Werbung
Werbung
Werbung

Verstaatlichung ist kein Glaubenssatz sozialistischer Zukunftsgestaltung, Vergesellschaftung gemeinhin ja, aber es fehlt die Konkretheit der Form, wie sie wirksam im Allgemeininteresse beschaffen sein soll.

Ob nun Verstaatlichung oder Vergesellschaftung, in der Realität machte man — wo immer damit begonnen wurde — die Erfahrung, daß sie mit der Gefahr des

Schwindens wirtschaftlicher Effizienz verbunden sind.

In Österreich war nach 1945 die gestellte Aufgabe klar. Die verwaisten Betriebe des Konzerns der Reichswerke „Hermann Gö-ring“ mußten in die österreichische Wirtschaft eingegliedert werden.

Durch das Bundesgesetz vom 26. Juli 1946 und durch das im März 1947 die Energiewirtschaft betreffende zweite Verstaatlichungsgesetz wurden 87 Unternehmungen beziehungsweise Betriebe verstaatlicht. Sie nicht in Staatseigentum zu übernehmen, hätte bedeutet, sie weiterhin der Geschäftsführung der alliierten Besatzungsbehörden zu überlassen, wie es in der russischen Zone durch die Sowjets bis 1955 mit den USIA-Betrieben praktiziert wurde.

Die ÖVP verband ihre Zustimmung zum 1. Verstaatlichungsgesetz mit der glei#izeitigeft Be-

schlußfassung des Werksgenossenschaftsgesetzes, welches das allerdings bis heute nicht verwirklichte Miteigentum der Belegschaften vorsah.

Mit den vom Staat zur Verfügung gestellten Investitionsmitteln wurde ein rascher Wiederaufbau der Betriebe erreicht. Der Vorteil für die Privatwirtschaft war, daß der verstaatlichte Grundstoffsektor die nachgeordnete Verarbeitungs- und Finalindustrie mit billigem Vormaterial und Halbzeug versorgte. Was heute bereits vergessen ist!

In den vierzig Jahren ihres Bestandes war die verstaatlichte Industrie wechselnden Organisationsformen unterworfen, auch die kürzlich getroffene Maßnahme wird nicht die letzte sein.

Die Verluste und die damit verbundene Belastung des Staatsbudgets heizen die Privatisierungsdiskussion immer wieder an. Weitgehende Entstaatlichung hieße aber, diesen großen Wirtschaftszweig ausländischem Kapitaleinfluß zu überantworten -privatwirtschaftlich wäre das' kaum aufzuhalten.

Die technischen Umwälzungen erfordern einen großen Kapitaleinsatz. Um die erforderlichen Investitionsmittel zu erhalten, muß ein Weg gefunden werden, der die Billigung einer breiten Öffentlichkeit findet.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung