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Weltgeschichte(n)

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„Habediehre, Herr ÖOC-Präsi-dent“, sagte der Kulturmanager zu Fred Sinowatz.

„Habediehre, Herr Unterrichtsminister“, sagte der Sportmanager zu Fred Sinowatz.

„Wir müssen“, sagte der Kulturmanager, „die Lehren der Olympiade auch im Kulturbetrieb beherzigen!“

„Wir müssen“, sagte der Sportmanager, „die bei der Führung der österreichischen Bundestheater gewonnenen Erfahrungen unbedingt auch im Sportmanagement unseres Landes anwenden!“ ,

„Wie habt's euch das denn vorgestellt?“ fragte Sinowatz.

„Vor allem“, sagte der Kulturmanager, „muß das Mediendefizit der Kultur gegenüber dem Sport sofort und züqig aufgeholt werden. Zwischen einer Bundestheaterübertragung im TV alle zwei Wochen und einer olympischen Berichterstattung rund um die Uhr klafft ein erschütterndes Mißverhältnis!“

„Vor allem“, sagte der Sportmanager, „ist es völlig undenkbar, daß die Wahrnehmung der hehren olympischen Idee in den stillen, aber von um so emsigerer Vorbereitungsarbeit erfüllten nichtolympischen Jahren weiterhin auf ehrenamtlicher Basis erfolgt. Wir brauchen einen permanenten Stab hauptberuflicher olympischer Funktionäre.“

„Aber die haben wir doch!“ erwiderte Fred Sinowatz betroffen.

„Nichts haben wir“, sagte der

Sportmanager, „Sportfunktionäre haben wir, aber keine eigenen hauptberuflichen Olympia-Funktionäre. Das Olympische ist ein souveräner Bereich innerhalb des Sportbetriebes.“

„Hat das Fernsehen nicht über 300 Millionen in die Übertragung der Olympiade in alle Welt investiert?“ sagte der Kulturmanager, „die Kultur darf dem Sport gegenüber nicht benachteiligt werden, wir brauchen unbedingt stationäre Übertragungsanlagen in allen Bundestheatern, und in FS 1 könnte eine Live-Über-tragung aus allen unseren Häusern, von einer zentralen Regie gesteuert, den täglichen Schwerpunkt bilden. 400 Millionen würden fürs erste genügen!“

„Wie wäre es mit 50.000 monatlich

für den Olympia-Direktor, natürlich nur für den Anfang, plus 393.000 Schilling für den Einnahmenausfall in der Zeit, in der er sich auf die Übernahme dieses Postens vorbereitet, und 360.000 Schilling Abgeltung für Trainerleistungen im ersten Jahr, die er aber nicht unbedingt abzuleisten braucht, wenn er nicht dazukommt?“ sagte der Sportfunktionär.

„Selbstverständlich“, sagte der Kulturmanager, „braucht nicht täglich vor der Vorstellung ein Ensemblemitglied vor den Vorhang zu treten, um vor dem ganzen Volk zu versprechen, daß die Schauspieler ihr Äußerstes einsetzen werden. Wir wären bereit, diese ehrenvolle Aufgabe einem um die' Kultur verdienten Politiker zu übertragen! Dieser Eid vor jeder Vorstellung wäre sozusagen als symbolische Brücke zwischen Kultur und olympischer Idee zu betrachten.“

„Unsere Organisationsformen sind archaisch“, sagte der Sportmanager, „wir brauchen eine Bundessportver-waltung, der die Direktionen der olympischen Disziplinen unterstehen, ich kenne da ein hervorragendes Vorbild.'“

„Wir sollten“, sagte der Mann der Kultur, „alle vier Jahre internationale Theaterfestspiele veranstalten und aus diesem Anlaß neue Theater errichten. Um die würde der Bund ja sowieso auch sonst nicht herumkommen ...“

„Warum“, sagte der Mann vom Sport, „müssen unsere armen Sportler oft ein ganzes Rennen in ein und demselben Anzug bestreiten? Und verstehen Sie nicht, daß ein Sturzhelm, der nicht aus echtem massivem Gold hergestellt, sondern nur vergoldet ist, das ganze Rennen zusammenhaut und zu einem proletarischen Rummel stempelt? Warum werden wir gegenüber Burg und Oper benachteiligt?“

„Benachteiligt werden wir, wir, wir!“ schrie der uneigennützige Interessenwahrer unserer höchsten Güter.

„Wir, wir, wir sind die Armen, wir, wir, wir brauchen mehr!“ rief der Gralshüter der Leibesübungen.

„Warum schweigst du, Freund Sinowatz?“ sagte der eine.

„Da liegt er“, sagte der andere, „ob ihm etwas Ernstes fehlt?“

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