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Wieviel Vertrauen haben die Wiener?

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Die Bürger der Bundeshauptstadt Wien sollen vom 14. bis 16. Mai zwei Fragen beantworten: „Sind Sie dafür, daß im Jahr 1995 in Wien eine Weltausstellung abgehalten wird? Ja oder nein?" Und: „Sind Sie dafür, daß die Donaukraftwerke im Bereich des Hafens Freudenau ein Wasserkraftwerk errichten? Ja oder nein?"

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Die Bürger der Bundeshauptstadt Wien sollen vom 14. bis 16. Mai zwei Fragen beantworten: „Sind Sie dafür, daß im Jahr 1995 in Wien eine Weltausstellung abgehalten wird? Ja oder nein?" Und: „Sind Sie dafür, daß die Donaukraftwerke im Bereich des Hafens Freudenau ein Wasserkraftwerk errichten? Ja oder nein?"

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Wie immer die Wiener Volksbefragung ausgehen mag, das Ergebnis wird nicht die Sachkenntnis der Wiener über die mit einer Weltausstellung oder einem Kraftwerk verbundenen Probleme widerspiegeln, es hat nicht verbindlichen Charakter, und es ist auch kein Votum für die eine oder andere Partei.

Oder glaubt jemand, es sei eine leichte Sachentscheidung, ob die Kosten der EXPO vertretbar sind, die Art ihrer Durchführung für

Land und Leute vorteilhaft ist? Meint einer, die Bürger wüßten genügend gut den Energiebedarf und die mit dem Kraftwerk Freudenau verbundenen Fragen (Wassergüte der Neuen Donau) zu beurteilen?

Früher, als man Politikern und Experten noch mehr vertraute, wäre ziemlich klar gewesen, daß die EXPO durchgeführt und das Kraftwerk gebaut wird. Heute herrscht - leider mit Recht - Skepsis, da man weiß, wie solche Dinge oft durchgezogen werden: im Streben nach Bereicherung und/oder Prestigegewinn ohne Rücksicht auf Mensch und Umwelt.

Sicher hat eine EXPO dann Sinn, wenn sie fällige infrastrukturelle Maßnahmen beschleunigt, wenn sie kostengünstig Österreich als eigenen deutschsprachigen Staat ins rechte Licht rückt und wenn sie auch den Österreichern (denen das sehr gut täte) den Blick für die Welt weitet. Aber sind dabei Korruption, Verschwendung, Bau- und Umweltsünden,

Wucherpreise, wachsende Kriminalität auszuschließen? Und: Wenn schon noch ein Kraftwerk, warum nicht mit dem erklärten Ziel, Bohunice ersetzen zu helfen?

Manche meinen, der Zug sei schon abgefahren, ehe die Vertreter der repräsentativen Demokratie die Befragung in Wien (betroffen sind aber nicht nur Wiener!) als unverbindliches Mittel der direkten Demokratie ansetzten. Nur ein massives Gegenvotum bei starker Beteiligung könne ihn eventuell noch stoppen.

Geht man davon aus, daß viele in diesen Maitagen nicht aus totaler Ablehnung, sondern aus Mißtrauen zu den „Machern" mit „Nein" stimmen werden, ist die Volksbefragung über die Sachfragen hinaus ein Glaubwürdigkeitstest für Politiker, EXPO- und Kraftwerks-Planer (ohne daß die „Nein"-Pro-pagierer automatisch glaubwürdiger sind) und zeigt auf, wieviel Vertrauen „die da oben" bei „denen da unten" schon verloren haben.

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