Mit einer „Spätzündung“ traten
250.000 österreichische Arbeitnehmer in der vergangenen Woche in den Streik: Dr. Otto Habsburg war schon lange wieder außerhalb der Grenzen Österreichs, als die Protestaktionen einsetzten. Man wird gut daran tun, diesen Streik nicht zu überschätzen. Es war ein Rückzugsgefecht, ein Rückzugsgefecht in einer Auseinandersetzung, in der die eine Seite eingesehen hat, daß sie den Kampf nicht so gewinnen kann, wie sie es sich ursprünglich vorgestellt hatte. Der Streik war ein Gefecht, dessen Ziel darin bestand, das Gesicht zu wahren.
Man wird aber auch gut daran tun, die Bedeutung dieser Streikaktion nicht zu unterschätzen. Es ist hier nicht der Raum, auf die prinzipielle Problematik eines Streiks einzugehen. Aber wenn schon politischer Streik, dann hätte es dodi in Österreich in letzter Zeit bessere Und überzeugendere Gelegenheiten für solche Demonstrationen gegeben. Wie hätte es auf das uns kritisch beobachtende Ausland gewirkt, wären die österreichischen Arbeitnehmer nach dem Freispruch Franz Novaks spontan in den Streik getreten; ein politischer Streik, um das angeschlagene Ansehen Österreichs zu verbessern. Das wäre eine wirklich bahnbrechende und mutige Aktion gewesen. Aber ein Streik, um gegen die Einreise eines österreichischen Staatsbürgers zu protestieren, die ja doch — wie alle Einsichtigen wissen — nicht zu verhindern sein wird? Man kann und darf die Schritte des Kaisersohnes weiterhin kritisch beobachten; aber man soll ihn einmal kommen lassen. Woran er, -wie schon gesagt, wohl nicht mehr gehindert werden kann — und soll.
