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Tschechisch?

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Es ist noch gar nicht so lange her, da gaben in einer Veranstaltung der österreichischen Gesellschaft für Literatur der Chefredakteur der Prager Kulturzeitschrift „Plamen“, Dr. Jifi Häjek, und der slowakische Schriftsteller Ladislav Mnacko Aufschluß über die herrschenden Tendenzen in der heutigen tschechischen und slowakischen Literatur. Mnacko, weithin bekannt durch sein Buch „Verspätete Reportagen“, eine scharfe Abrechnung mit dem Stalinismus, dem er selbst einmal in „romantischem Idealismus“ angehangen hatte, plädierte an dem Abend im Palais Palffy in bewegten Worten für stärkere kulturelle Beziehungen zwischen Wien und Preßburg.

Der damaligen Anregung folgte bald ein erster, wenn auch bescheidener, praktischer Schritt: das Volkstheater aus Wien absolvierte mit seiner Inszenierung des Schauspiels „Sommer und Rauch“ von Tennessee Williams ein einmaliges, sehr erfolgreiches Gastspiel im Slowakischen Nationaltheater in Preßburg. Vergangenes Wochenende revanchierte sich dieses Theater mit einer Aufführung der reizenden Komödie „Der Fächer“ von Goldoni im Volkstheater. In der sonntäglichen Sendung „Vorhang auf“ des österreichischen Rundfunks redete der Berichterstatter aber unentwegt von Tschechen und Tschechisch, als ob es den immerhin recht beachtlichen Unterschied zwischen der tschechischen und der slowakischen Sprache, zwischen Tschechen und Slowaken, schon durch eine andere Geschichte und anderen Volkscharakter voneinander verschieden, gar nicht gäbe.

Mit Recht sind wir ungehalten, wenn man einige tausend Kilometer von uns entfernt Austria mit Australia verwechselt. Daß wir aber unseren allernächsten Nachbarn im Osten nicht einmal von ihren Cousins im Norden zu unterscheiden verstehen — das dürfte eigentlich trotz der langen unnatürlichen Trennung von beiden nicht sein.

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