Wolfgang Schallenberg - © Foto: APA / Helmut Fohringer

Wolfgang Schallenberg: "Erst Österreich, dann lang nix!"

19451960198020002020

Der österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Schallenberg ist vergangene Woche mit 93 Jahren verstorben. Über einen Diplomaten, der etwas zu sagen hatte.

19451960198020002020

Der österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Schallenberg ist vergangene Woche mit 93 Jahren verstorben. Über einen Diplomaten, der etwas zu sagen hatte.

Werbung
Werbung
Werbung

Botschafter Wolfgang Schallenberg war nicht zu übersehen. Er war groß und mit seiner hohen Stirn und seinem nach hinten wallenden Haar ein echter Blickfang. Und zu überhören war er noch weniger. Nicht weil er laut redete, sondern weil er etwas zu sagen hatte. Für heutige Message Control-Zeiten wäre er sicher zu „outspoken“, was aber gegen diese Zeiten und für Wolfgang Schallenberg und sein offenes Wort spricht.

Beispiele dafür liefert der FURCHE-Navigator: 1994, der Österreich-Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng stand vor der Tür, antwortete er als Generalsekretär des Außenministeriums auf die Frage, ob und wie die Menschenrechtssituation in China ein Thema sei: „Wir werden uns nicht verschweigen, aber auf den Tisch hauen werden wir nicht, das können wir nicht.“ Genauso frank und frei sagte er der FURCHE im Mai 1987, als die USA gerade Bundespräsident Kurt Waldheim auf die Watchlist gesetzt hatten: „Es ist schmerzlich, dass in befreundeten Ländern trotz des positiven Kulturimages in anderen Bereichen Vorurteile bestehen. Überspitzt formuliert könnte das so lauten: Die Österreicher sind grausliche Nazis, aber sie tanzen sehr gut.“

Der Tanzpalast des in der Vorwoche 93-jährig verstorbenen Schallenberg war zeitlebens das diplomatische Parkett. Von 1953 bis 1995 arbeitete er für 14 Außenminister – von Karl Gruber bis Wolfgang Schüssel –, auf Posten in Neu Delhi über Paris bis zum Minoritenplatz. Da wie dort transponierte er die Textzeile der Wiener LiedLegende Hermann Leopoldi in sein Diplomatenleben aus Leidenschaft: „Erst kommt Österreich – und dann kommt lang nix.“ So setzte er eine Familientradition voller Diplomaten fort, die bis ins 16. Jahrhundert reicht und mit Schallenbergs Sohn Alexander als jetzigem Außenminister in die nächste Generation weitergeht.

Was einst und jetzt und immer gilt, ist Schallenbergs Auftrag an Österreichs Außenpolitik, den er in der FURCHE so formulierte: „So wichtig sind wir nicht. Wir müssen vielmehr immer wieder aufzeigen und sagen: Hier sind wir, das können wir, wir wollen mitspielen. Wir müssen im eigenen Interesse solidarisch sein und konstruktiv mitarbeiten, vor allem innerhalb der Europäischen Union.“

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung