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Johann Georg Hamanns sämtliche Werke

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Der dritte Band der so erfolgreich begonnenen historisch-kritischen Gesamtausgabe von Hamanns Werken ist vom Herausgeber mit „Sprache, Mysterien, Vernunft“ überschrieben. Er enthalt Hamanns Schriften aus den Jahren 1767 bis 1787, als Hamann bei de französischen Zollverwaltung: am Königsberger Lizent diente, Der Inhalt dieses' Bandes gehört zum- Bedeutendsten, das Hamann überhaupt geschrieben hat. Da sind vor allem die Essays über das Wesen und den Ursprung der Sprache, dann folgen Arbeiten zur Religionsgeschichte, hierauf die großartigen Aufsätze über die Mysterien, Auseinandersetzungen mit Kant sowie kleinere Arbeiten selbstkritischen und selbstbiographischen Charakters, und endlich beschließt Hamanns Testament den bedeutungsvollen Band. Es sei gerne zugegeben, daß Hamanns Schrift-stellerei ihrem Grundcharakter nach polemischer Natur war. Dieser moderne Mystagoge war eben auch der geborene Journalist. So muß man wissen, daß sich sein Denken, seine Schriftstellerei an anderen Büchern entzündet, freilich um als Stichflamme gen Himmel zu schießen. Aehnelt doch auch Hamanns Stil einem Sprühregen feuriger Funken. So gehört es auch zum Wesen der in diesem Bande vorgelegten Arbeiten, deren historische Stellung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, daß sich Hamann darin mit Zeitgenossen auseinandersetzt: so vor allem mit Herder in den Arbeiten über die Sprache, aber auch mit Hume, Mendelssohn und mit Kant Freilich müßte man, um hier zu vollem Verständnis vorzudringen, auch alle Bücher kennen, die Hamanns Repliken ausgelöst haben. Zentraler Begriff aller dieser Arbeiten dieses Bandes ist der innere Logos und dessen Entfaltung in der Erscheinung. Das Bedeutsamste, das Hamann gedacht hat, sind nach Nadlers eigener Meinung die Aufsätze über die alten und neuen Mysterien.

Der vierte Band, die „Kleinen Schriften“, versammelt Hamanns - journalistische Beiträge t-vat Zeitschrift seines Freundeskreises, der „Daphne“, und macht uns mit den für Hamanns Entwicklung wichtigen Uebersetzungen seiner Hofmeisterzeit bekannt, mit Uebertragungen von Rapin, Shaftes-bury, Radicatis. Themen aus dem Gebiete der Erziehung, der Volkswirtschaft und Erkenntniskritik schließen an. Wir lernen Hamann ebenso als eigenwilligen Uebersetzer des Hohenliedes kennen und machen schließlich Bekanntschaft mit Hamanns Beiträgen zur Königsberger Zeitung. Gerade dieser Band ist für den Hamann-Freund eine große Ueberraschung, denn er enthält zum großen Teil den unbekannten, ja ungedruckten Hamann. Man muß, um diesem Band nahe zu kommen, verstanden haben, wie Hamann durch eine Vielfalt literarischer Beziehungen und Verästelungen im Mutterboden seines Jahrhunderts fest verwachsen ist. Es ist die Atmosphäre der großen europäischen Literatur des 18. Jahrhunderts, aus der heraus Hamann schreibt. Mit Recht bemerkt Josef Nadler, daß uns Hamann in diesem Bande „auf eine vertraute Weise neu und fremd“ wird. Wer sich der Mühe unterzieht, Nadlers Hamann-Monographie neben diese beiden Bände zu legen, wird sich aus Text und den Schlüsselworten seines kühnen und tiefschürfenden Interpreten Zugang zu allergrößten Fragen erschließen.

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