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JOHANN SCHASCHING / DEM GLAUBEN UND DER WISSENSCHAFT

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Schon lange stehen Glaube und Wissenschaft einander nicht mehr in scheinbar unversöhnlichem Gegensatz gegenüber; aber noch immer und vielleicht für immer ist zwischen beiden ein Spannungsfeld. Wie fruchtbar für den Glauben und für die Wissenschaft dieses Spannungsfeld gemacht werden kann, führt Dr. rer. pol. Johann Schasching vor Augen. Sein Amt als Provinzial der österreichischen Ordensprovinz der Gesellschaft Jesu verbindet er harmonisch mit seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Extraordinarius für Soziologie an der juridischen Fakultät der Universität Innsbruck.

Der gebürtige Oberösterreicher — geboren 1917 in St. Roman — trat 1937, nach dem Besuch des Gymnasiums Linz-Freinberg, in die Gesellschaft Jesu ein und durchlief zunächst den üblichen Ausbildungsweg österreichischer Jesuiten. 1940 wurde er dann zur deutschen Wehrmacht eingezogen und an die Ostfront kommandiert, bis er, wie alle Jesuiten, als „wehrunwürdig" aus der Wehrmacht entlassen wurde. Schasching setzte sofort seine Studien fort. Nach der Priesterweihe (1946) widmete er sich vor allem den Sozialwissenschaften. An den Universitäten von Wien,

Innsbruck, Chikago, St. Louis, Löwen und Rom lernte Pater Schasching sowohl den mehr ins Sozialphilosophische gehenden Zweig der Soziologie älterer Prägung kennen als auch die empirische Sozialforschung amerikanischen Stils. 1952 habilitierte er sich an der Universität Innsbruck, 1957 wurde er Professor. Seine reiche wissenschaftliche Tätigkeit — die Liste seiner Publikationen zeugt davon — wurde 1961, als er zum Provinzial ernannt wurde, zwar nicht unterbrochen, aber doch gebremst. 1967, wenn seine Amtszeit im Wiener Provinzialat abgelaufen ist, wird sich P Schasching wieder mit ganzer Kraft, der Sozialforschung widmen können. Eine umfangreiche religionssoziologische Untersuchung der Industriearbeiterschaft wartet auf die Fertigstellung.

Dieses Forschungsprojekt zeigt, daß die wissenschaftliche Arbeit Prof. Schaschings, in Fortsetzung der Traditionen P. Gundlachs und

P. Nell-Breunings, um das Thema „Kirche und industrielle Gesellschaft“ kreist, wie auch eines seiner Hauptwerke heißt. Pater Schasching geht es vor allem um die Klärung der Frage, was das religiöse Potential des heutigen, von der Industriewelt geprägten Menschen ist, wie eine Brücke zwischen Kirche und industrieller Gesellschaft zu bauen wäre. Damit ist der Übergang von der wissenschaftlichen zur Pastoralen Problemstellung gegeben. Da Papst Paul VI. der Gesellschaft Jesu als besondere Aufgabe die Beschäftigung mit dem Atheismus übertragen hat, werden auch die österreichischen Jesuiten sich stärker als bisher mit dem Atheismus auseinandersetzen. Als Theologe und als Soziologe meint P. Schasching dazu: „Das Problem des Atheismus wird nicht bloß auf der Ebene der Theorie gelöst, sondern letztlich durch den Theismus der Christen. Der Atheismus wird durch den mangelnden Theismus der Christen mitverursacht."

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