Das Privateigentum ist sozialpflichtig

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Johannes Schasching (1917-2013) war einer der Vordenker und pronocierter Vertreter der Katholischen Soziallehre.

In einem waren die Jesuiten schon lang, bevor einer der Ihren zum Papst gewählt wurde, an der katholischen Kirchenspitze unentbehrlich: In den gut 120 Jahren, die es die Katholische Soziallehre nun schon gibt, spielten Angehörige des weltgrößten Männerordens eine führende Rolle als Vordenker und Ausformulierer. Ein knappes Jahrhundert davon erlebte der Oberösterreicher Johannes Schasching mit.

1917 im Innviertler St. Roman geboren, trat er zwanzigjährig bei den Jesuiten ein. Die Weltwirtschaftskrise und die politische Polarisierung in der Ersten Republik prägten den jungen Mann stark. Er studierte in Wien, Innsbruck, München, New York, Chicago sowie im belgischen Löwen Philosophie, Theologie und Sozialwissenschaften.

Das war die Ausbildungsbasis, auf der Schasching in den 1950er-Jahren als Professor für Sozialethik in Innsbruck aufbaute. Anfang der 1960er-Jahre stand er den österreichischen Jesuiten als Provinzial vor, bevor er zum Professor für Sozialwissenschaften an die Päpstliche Universität Gregoriana in Rom berufen wurde.

Dort wurde Schasching zu einem der herausragenden Experten für die kirchliche Soziallehre, er beriet den legendären Jesuiten-General Pedro Arrupe (1907-91) ebenso wie die Päpste Paul VI. und Johannes Paul II.

Experte für die Sozialenzykliken

Vor allem die drei Sozialenzykliken Johannes Pauls II. - Laborem exercens (1981), Sollicitudo Rei Socialis (1987) und Centesiums Annus (1991) trugen auch Pater Schaschings Handschrift. Und seine Kommentare zu den päpstlichen Sozialenzykliken sind ebenfalls Standardwerke.

1991 kehrte Schasching als Emeritus nach Österreich zurück und arbeitete, solange es seine Kräfte zuließen, in der Katholischen Sozialakademie mit. Seine Expertise war auch beim Sozialhirtenbrief der katholischen Bischöfe Österreichs (1990) sowie beim Ökumenischen Sozialwort 2003, das - weltweit einzigartig - von allen in Österreich vertretenen West- und Ostkirchen gemeinsam erarbeitet worden war, unabdingbar.

Zeitlebens blieb Johannes Schasching ein Entwickler und Vertreter der Katholischen Soziallehre. Dieser Versuch, auf dem Hintergrund des Alten und des Neuen Testaments christliche Prämissen fürs wirtschaftliche und soziale Handeln zu formulieren, war auch vom Bemühen geprägt, (Lohn-)Gerechtigkeit mit einer Option fürs Privateigentum zu verbinden, was die katholische Position grundlegend von der "Vergesellschaftung der Produktionsmittel“ der Marx’schen Theorie unterscheidet.

Das bedingt aber gleichzeitig die klare Bindung des Privateigentums ans Gemeinwohl, Schasching sprach in diesem Zusammenhang immer wieder von der "Sozialpflichtigkeit des Eigentums“ als wesentlichem Eckpfeiler der Katholischen Soziallehre.

Wie gerecht wirtschaften?

Auch in der FURCHE formulierte Schasching, der von Wirtschafts- und Unternehmerseite genauso geschätzt wurde wie von den Denkern der Gewerkschaftsbewegung, diese Grundlinien. In einem Beitrag für diese Zeitung brachte er 2002 seine Postulate für eine sozial gerechte Unternehmerethik auf drei Punkte: "1. Wirtschafte sachgerecht“, "2. Wirtschafte menschengerecht“ und "3. Wirtschafte gesellschaftsgerecht“.

Jeder wache Zeitgenosse, der die Finanz- und Wirtschaftskrisen der letzten Jahre zu analysieren und zu bewerten sucht, wird wohl zustimmen, dass sich die globale wie die lokale Ökonomie von diesen Prinzipien entfernt hat.

Zum dritten dieser Postulate schrieb Schasching, ein ethisches Engagement der Unternehmer bedinge auch, dass es "ein gesamtgesellschaftliches Klima des Vertrauens und der Solidarität mitbewirkt, die eine Grundlage und Garantie des wirtschaftlichen Erfolges darstellen“. Auch dieser Diagnose ist heute wenig hinzuzufügen.

Seinen Lebensabend verbrachte Johannes Schasching SJ bei seinen Mitbrüdern in Wien, seit 2009 dann in einem kirchlichen Pflegeheim. Dort ist er am 21. September im 97. Lebensjahr verstorben.

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