Fragen zu Mut und Solidarität

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"Iam a piano player! Schießen Sie nicht auf den Pianisten!" Mit diesem Truffaut-Zitat hat der niederländische Blauhelm-Kommandant Thom Karremans um sein Leben gebettelt - bei General Ratko Mladic, nachdem dessen Armee im Juli 1995 die UN-Schutzzone Srebrenica eingenommen hatte. Karremans war erfolgreich. Mladic ließ ihn laufen, gab ihm noch ein Geschenk für die Ehefrau mit.

Die Niederlande ehrten ihren Piano-General für "besondere Tapferkeit im Einsatz". 8000 Männer haben Mladics Schlächter in Srebrenica niedergemetzelt, nachdem die UN-Truppe abgezogen war.

Das traumatisierte Bosnien-Herzegowina begeht diese Woche den 18. Jahrestag des Massakers. Karremans hatte seine Schutzbefohlenen aufgegeben, weil ihn der Mut verließ, nachdem er von der Weltgemeinschaft mit einem Häufchen Soldaten im Angesicht des Feindes allein gelassen worden war. Ich persönlich glaube, dass er viele Menschenleben hätte retten können, wenn er sich, statt vor Mladic klein beizugeben, entschlossen vor seine Schützlinge gestellt hätte. Möglich ist aber auch, dass Karremans mit einem selbstbewussten Auftreten bei Mladic noch mehr Opfer provoziert hätte. Bleibt die Frage: Wann sind Mut und Aufopferungsbereitschaft angebracht - oder nur törichte, selbstverliebte Angeberei? Wie steht es mit Snowden? Hat er uns allen die Augen geöffnet? Oder behindert er die Fahndung nach gefährlichen Terroristen? Hätten wir auch so gehandelt?

Und: Wie kann es sein, dass die EU in ihrer Empörung über das US-Ausspionieren einig ist, aber genauso einig in ihrer Solidarität mit den Snowden-Häschern und das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten zu einer Zwangspause in Wien zwingt. Und warum trifft es wiedermal ausgerechnet Österreich? Wo wir hier nach dem Rückzug der Blauhelme vom Golan doch nur friedlich leben wollen!

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD in Wien

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