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Kein Stop für Wahlkampf

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Die Regierungsdampfwalze Mexikos rollt einem August-Sieg zu - trotz eines Mordes und trotz eines neuen Kandidaten.

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Die Regierungsdampfwalze Mexikos rollt einem August-Sieg zu - trotz eines Mordes und trotz eines neuen Kandidaten.

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Auf den Wänden in Mexiko steht noch in Riesenlettern der Name Luis Donald Colosio, des im März ermordeten Kandidaten der Regierungspartei PRI, der Partei der Institutionalisierten Revolution. Zwar ist nicht mit einer Aufklärung der Hintergründe des Attentats zu rechnen, es darf jedoch wie beim Mord an Kardinal Juan Jesus Posadas im Mai 1993 vermutet werden, daß PRI-Dinosaurier - völlig verschreckt vom Modernisierungsprogramm von Präsident Sahnas de Gortari mit seiner stillschweigenden Liquidierung der alten Revolutionswerte - der neuen Garde um den Präsidenten zumindest einen „Denkzettel" verpassen wollten. Der neue Regierungskandidat, Ernesto Zedillo Ponce de Leon, bestreitet den Wahlkampf mit Hilfe der offiziellen Maschinerie, als hätte es nie einen anderen Kandidaten gegeben.

Meinungsumfragen, wiewohl in Mexiko eine heikle Sache, deuten eine absolute Mehrheit für Zedillo an - als hätte der Mord an Colosio die Bürger mit ihrer kollektiven Erinnerung an die eine Million Toten in den Bürgerkriegen der mexikanischen Revolution unter die Stabilitätsfittiche der Regierung zurückgescheucht: Cuauthemoc Cardenas, der PRI-Dissident, und seine Partei, die ideologisch der Sozialdemokratie nahesteht, sind wegen internen Haders verschlissen (sie stehen derzeit bei 16 Prozent Wählerzustimmung); die konservativ-liberale Pan-Par-tei schmolz trotz des energisch wahlwerbenden Diego Fernandez de Cevallos auf zwölf Prozent, denn das liberale Wirtschaftscredo - früher deren Stärke wird von der PRI selbst durchgezogen; um die Brosamen der Wählergunst dürfen sich ein halbes Dutzend Kleinparteien, darunter zwei mit Frauen als Kandidatinnen, und Mexikos tapfere Grüne streiten.

Der Regierungskandidat Zedillo diente Präsident Sahnas als untadeliger Erziehungsminister, mußte jedoch eine Schlappe seitens der Armee einstecken, die die neuen Schulbücher - mit Darstellungen des Studentenmassakers vom Oktober 1968 - ve-tierte.

Abgesehen davon, daß Zedillo sportlich durchtrainiert ist, kommt er in freier Diskussion überraschend gut bei den Mexikanern an, die um seinen Aufstieg aus der Armut wissen. Obendrein wird ihm in der Öffentlichkeit ein Versprechen geglaubt, das er bei einem Besuch bei den aufständischen Indianerbauern in Chiapas gab: Er würde als Präsident jeden Artikel des zu erwartenden Friedensschlusses wortwörtlich erfüllen. Als Präsident will er für mehr de-zentralisierung und mehr Demokratie sorgen.

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