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Permanenter Krieg

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Seit im Jahre 1948 nach der Ermordung des liberalen Führers Eliazer Gai t ä n während der panamerikanischen Konferenz der Mob große Teile der kolumbianischen Hauptstadt Bogota in dem deshalb so benannten „Bogotazo“ zerstörte, hat dieses Land nur kurze Perioden der Ruhe erlebt.

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Seit im Jahre 1948 nach der Ermordung des liberalen Führers Eliazer Gai t ä n während der panamerikanischen Konferenz der Mob große Teile der kolumbianischen Hauptstadt Bogota in dem deshalb so benannten „Bogotazo“ zerstörte, hat dieses Land nur kurze Perioden der Ruhe erlebt.

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Um dem chronischen Bürgerkrieg ein Ende zu bereiten, hatten beide Parteien nach dem Sturz des Diktators Rojas PiniUa eine „nationale Front“ gegründet, bei der sie alle Staatsstellungen paritätisch besetzten und sich in der Präsidentschaft gegenseitig ablösten. Dieser Pakt hat sich im Laufe der Jahre geschwächt, weil sich immer mehr Gruppen von den großen Parteien selbständig machten. Mit der letzten Präsidentschaftswahl ist er außerdem abgelaufen. Bei ihr hat der konservative jetzt 47jährige Misael Pa&trana Borrero, ein etwas farbloser, aber korrekter früherer Finanzminister, gesiegt. Er hat aber nur etwa 60.000 Stimmen mehr als der jetzt 70jährige Ex-Diktator Rojos PinitZo erhalten, dessen Partei, die „Alianza National Populär“ („ANAPO“), auch 110 von 328 Parlamentssitzen erobern konnte. Rojas Pinilla selbst. hält sich in Miami auf und ist krank. Seine Tochter, die Senatorin Maria Eugenia Rojas de Morena Diaz, hat vom Krankenbett ihres Vaters revolutionäre Weisungen nach Bogota gebracht. (Die Parallele zu Argentinien Hegt auf der Hand: Rojas ist Fernlenker wie Perön, seine Tochter spielt die Rolle von „Evita“. Roja Pinilla hat erst behauptet, das Ergebnis der Wahlen vor drei Monaten sei durch unrichtige Zählung verfälscht worden; als sie die Regierung des bisherigen Präsidenten Lleras Restrepo durch ein neutrales Wahlgericht nachprüfen ließ, erklärte die ANAPO, es seien Wahlurnen vertauscht worden. Diese Partei proklamiert, daß Rojas der legale Präsident Kolumbiens sei und das Volk ihn mit Gewalt an die Macht bringen müsse, wobei sie die Verantwortung für den angekündigten Bürgerkrieg auf das herrschende Regime abwälzt

Die Situation wird dadurch noch komplizierter, daß der Senator der ANAPO Ignacio Vives, der Material für eine Korruptionsanklage gegen das Heer sammelte, von Attentätern verletzt und der entführte frühere Außenminister Fernando Londono y Londono nur gegen ein mit Zustimmung der Regierung bezahltes hohes Lösegeld freigelassen wurde. Die Zeremonien der Regierungsübernahme durch den neugewählten Pastrana, die mit seinem Regierungsantritt am 7. August ihren Höhepunkt finden sollen, werden von den Aktivisten der ANAPO im Parlament und auf der Straße gestört, ohne daß in den ersten Tagen Schüsse gefallen wären. Das Heer steht klar auf Seiten der Regierung; doch mindert diese Tatsache nicht, wie in anderen lateinamerikanischen Staaten, die Gefahr eines Bürgerkrieges. Außerdem sieht man nicht, wie Pastrana Borrero im Rahmen der Verfassung regieren kann, da er nur über ein Drittel der Stimmen im Parlament verfügt und nicht nur Rojas, sondern auch der liberale „Abweicher“, der junge Ex-Senator Belissario Betancur, die vom Präsidenten Pastrana angeregte Regierungskoalition ablehnen. Ob Bürgerkrieg oder Diktatur, in jedem Falle stehen Kolumbien wieder unruhige Zeiten bevor.

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