Der Staatskontrollor

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Die Republik sucht nach einem neuen Rechnungshof-Präsidenten. Und was soll er oder sie können? Drei Experten zeichnen das nötige Anforderungsprofil.

Sieben Kandidaten bewerben sich für das Amt des siebten Rechnungshofpräsidenten der Zweiten Republik. Geht man in der Geschichte noch weiter zurück, dann wird in der Sondersitzung des Nationalrats Anfang nächster Woche der 25. "oberste Kontrollor" Österreichs gewählt. 1761 errichtete Kaiserin Maria Theresia die "Rechen-Cammer" als Vorläuferin des heutigen Rechnungshofes. Erster Präsident war Ludwig Graf von Zinzendorf und Pottendorf. Ihm folgten zu Zeiten der Monarchie weitere Grafen, Fürsten, Ritter und Freiherren an der Spitze der obersten Kontrollbehörde, die gleich einem Ministerium unmittelbar dem Kaiser unterstellt war. Mit dem Übergang zur republikanischen Staatsform kam es 1920 zur Gründung des "Rechnungshofes". Seither ist das Kontrollorgan dem Nationalrat unterstellt.

"Hochkalibrige Kontrolle"

"Sehr wichtig", nennt der Wiener Staatsrechtler Bernd-Christian Funk diese Konstellation, "weil es keine andere derartige Kontrollfunktion im Parlament gibt." Andere "hochkalibrige Kontrollmöglichkeiten" bspw. Untersuchungsausschuss oder Misstrauensantrag brauchen immer eine Mehrheit, um wirksam zu werden - als wirklich unabhängiges Organ "bleibt da nur der Rechnungshof übrig", erklärt Funk.

Die Kraft des Arguments

"Der Rechnungshof muss durch die Qualität seiner Berichte überzeugen", ergänzt Wolfgang Mantl. Und "an wen sollen die Berichte gehen, wenn nicht an das Parlament?" fragt der Professor für öffentliches Recht an der Uni Graz. Das Parlament ist der geeignete Platz, sagt Mantl, um Öffentlichkeit zu erzeugen, um Für und Wider mitunter heftig zu diskutieren um auf die "Überzeugungskraft von Argumenten" zu setzen.

Politikwissenschaftler Peter Gerlich wiederum hebt im Gespräch mit der furche die Aufdeckerqualitäten des Rechnungshofes hervor: "Wenn Ungereimtheiten in der öffentlichen Verwaltung ans Licht kommen", meint Gerlich, "dann steckt der Rechnungshof dahinter." Und selbst wenn der Name eines investigativen Journalisten über Aufdeckergeschichten steht, die entscheidenden Hinweise würden vom Rechnungshof stammen, ist Gerlich überzeugt: "Nur der hat Zugang zu allen wichtigen Daten."

Den Rechnungshof auf seine Rolle als Skandalaufdecker zu beschränken, greift jedoch zu kurz. Als ursprüngliche und entscheidende Aufgabe kommt hinzu, dass der Rechnungshof die Kontrolle von Abläufen mit einer Empfehlung für die Verbesserung derselben verbinden soll.

Und wie lautet die Empfehlung der drei Politikexperten für den besten Rechnungshof-Präsidenten? Aus welchem Holz soll der Nachfolger des mit Ende Juni scheidenden Präsidenten Franz Fiedler geschnitzt sein?

Der ideale RH-Präsident verfügt über ein profundes juristisches und betriebswirtschaftliches Wissen, sind sich Bernd-Christian Funk und Wolfgang Mantl einig. Dazu braucht es großes Organisationstalent, damit die "diffizile Rechnungshof-Maschinerie voller Spezialisten nicht zu knirschen beginnt", fügt Mantl hinzu.

Viel Fingerspitzengefühl

Und welche Rolle spielt die politische Ausrichtung? Für Funk ist "keine Person der Parteipolitik, doch jemand, der in der politischen Öffentlichkeit Ansehen genießt", die ideale Besetzung. Mantl fasst sein Anforderungsprofil mit dem Schlagwort "politisches Fingerspitzengefühl" zusammen. Das geforderte hohe Maß an Objektivität muss am Anfang einer Amtszeit nicht in vollem Ausmaß gegeben sein, schränkt Mantl ein. Deswegen dauert die Funktionsperiode eines RH-Präsidenten ja auch zwölf Jahre. Denn jeder, so Mantl, kommt aus einer politisch-weltanschaulichen Heimat - im Laufe der Zeit könne sich ein Präsident jedoch aller Abhängigkeiten entledigen. Mantl: "Er braucht ja auch nicht um die Wiederwahl zu buhlen".

Kein weiterer Buchhalter

Abweichend von der Meinung seiner Kollegen ist für Peter Gerlich das fachliche Wissen eines Kandidaten für das Amt des RH-Präsidenten "nicht so entscheidend". Gerlich braucht keinen "weiteren guten Buchhalter". Der Rechnungshof besitze sowieso schon einen großen Stab an qualifizierten Mitarbeitern. Deswegen will Gerlich an der Spitze dieser Kontrollinstanz vor allem eine "Persönlichkeit mit politischem Gewicht und ausgezeichneten Präsentationsfähigkeiten" sehen.

Und warum streiten die Parteien so um die Besetzung dieses Postens? Bernd-Christian Funk bietet eine plausible Erklärung: "Der Rechnungshof kann nicht alles prüfen. Was geprüft wird, bestimmt u.a. der Präsident - damit hat er schon sehr große Macht."

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