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Die neuen Rechnungshofgeseize

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Die Bundesregierung hat dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes vorgelegt, der eine Neufassung des fünften Hauptstückes der Verfassung über die Rechnungs- und Gebarungskontrolle bringen soll. Diese Verfassungsnovelle will verankern, daß an der Spitze des Rechnungshofes nunmehr zwei Präsidenten stehen sollen, deren einer den Namen Präsident führt, während der zweite Vizepräsident heißt. Sind beide verhindert, so soll sie der rangälteste Beamte vertreten. Seit mehr als hundert Jahren gab es nur einen Präsidenten des Rechnungshofes, und die Notwendigkeit eines zweiten wird nicht mit Arbeitsüberlastung des Präsidenten begründet. Es ist auch wahrscheinlicher, daß das Bedürfnis nach einem zweiten Präsidenten eher der heute eingerissenen und mir nicht verständlichen Auffassung entspringt, daß sich in jedem Amt Beamte der ÖVP-Richtung und solche sozialistischer Prägung die Waage halten sollen. Die Durchführung dieses Grundsatzes kostet viel Geld und garantiert eine sachliche und gediegene Verwaltung weit weniger, als wenn die Beamtenschaft dazu erzogen wird, Parteirücksichten beiseitezustellen, das Gesetz zu handhaben und sachlichen Erwägungen zu folgen. Vom Präsidenten des Rechnungshofes muß man erst recht erwarten, daß er das kann, denn sonst hätte man ihn besser nicht für diesen Posten erwählt. Will man schon unbedingt als Vizepräsidenten nicht den Rangältesten der Beamten des Rechnungshofes bestellen, sondern diese Stelle wie die des Präsidenten mit einem Manne besetzen, der sich in der politischen und Verwaltungskarriere bewährt hat, so hätte man wohl einen Schritt weitergehen und ihm die gleichen Hemmnisse in den Weg legen müssen, die man beim Präsidenten für nötig hält; man verlangt ja, daß der Präsident keinem allgemeinen Vertretungskörper angehöre und in den letzten vier Jahren nicht Mitglied der Bundesregierung oder einer Landesregierung gewesen sei. Man kann darüber verschiedener Meinung sein, ob es sachlich notwendig sei, diese Bedingungen zu stellen. Aber: wenn sie für die Person des Präsidenten begründet sind, warum dann nicht für die Person des Vizepräsidenten? Folgerichtig müßte man übrigens auch den Vizepräsidenten vom Nationalrat wählen lassen.

Es haben einige Länder beanstandet, daß der Präsident des Rechnungshofes vom Nationalrat allein gewählt werde und diese Wahl nicht der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Es ist richtig: der Rechnungshof steht in seiner Kontrolle der Bundesverwaltung im Dienste des National- rates, und der Präsident wird daher vom Nationalrat bestellt. Der Rechnungshof steht bei der Kontrolle der Länder, der Gebietskörperschaften und der Gemeinden im Dienste der Landtage. Soll der Präsident also bei seiner Wahl der Zustimmung aller Landtage bedürfen? Das zu fordern, hat sich kein Land getraut. Man hielt dafür, der Bundesrat als von den Landtagen aller Länder beschickte gesetzgebende Körperschaft sei berufen, an der Bestellung des Präsidenten des Rechnungshofes mitzuwirken. Für diesen Vorschlag läßt sich Treffliches sagen. Man möchte dann nur wünschen, daß der Bundesrat nach seiner Zusammensetzung mehr den Charakter einer wirklichen Länderkammer tragen würde; dann stünde es eher dafür, sich für diese seitens einiger Länder gemachte Anregung zu erwärmen.

Legistisch wäre vielleicht zu beanstanden, daß dem Rechnungshof die Prüfung der Gebarung der Sozialversicherungsträger in einem eigenen Artikel 126 c übertragen wird. Sachlich wäre diese Bestimmung in den Artikel 126 b zwischen Absatz 3 und 4, also als Absatz 4, einzureihen gewesen.

Hinsichtlich der Kontrolle in den Ländern sind nunmehr die Stiftungen, Fonds und Anstalten einbezogen worden, die bisher der Kontrolle des Rechnungshofes nicht unterlagen. Dagegen wird nicht mehr verlangt, daß die Landesgebarung jedes Jahr überprüft werde; es können zwei Jahre in einer Prüfung behandelt werden. Diese Neuerung wird mit Überlastung des Rechnungshofes begründet. Ich glaube, den Ländern wäre mit der jährlichen Prüfung mehr gedient. Hat der Rechnungshof zuwenig Beamte, so muß man ihm mehr Beamte geben. Wenn die Beamten aller staatlichen Ämter sich die Arbeitsintensität angewöhnen, die beim Rechnungshof meines Wissens immer üblich war, dann werden sie in der Lage sein, aus dem Kreis ihrer besten Beamten den einen oder anderen an den Rechnungshof abzugeben, ohne Ersatz fordern zu müssen.

Sehr vernünftig erscheint die Ausmerzung der sogenannten „Beauftragten des Lande s”. Bisher bestimmte der Absatz 2 des Artikels 127, daß jede Landesregierung alljährlich eine oder mehrere mit den besonderen Verhältnissen des Landes vertraute Personen, die nicht der Landesregierung angehören dürfen, dem Rechnungshof zur Unterstützung seiner Tätigkeit beizustellen habe. Das ist reine Formalität ohne Sinn und Bedeutung geblieben und kommt nun in Wegfall.

Der dem Parlament vorliegende Gesetzentwurf für das Rechnungshofgesetz bringt nun auch die Lösung der Frage, ob die verstaatlichten Unternehmungen von befugten Wirtschaftsprüfern oder vom Rechnungshof geprüft werden sollen. Selbstverständlich waren die Wirtschaftsprüfer der Meinung, diese Aufgabe komme ihnen zu; die Aktiengesellschaften neigten auch zu dieser Auffassung. Andererseits lag es nahe, daß der Bund diese Prüfung durch den eigenen Rechnungshof vornehmen lasse. Das neue Gesetz sucht nun die Lösung in einem Mittelweg. Die selbständigen Wirtschaftsprüfer haben die Prüfung wie bei allen Aktiengesellschaften vorzunehmen. Welchem Wirtschaftsprüfer bei der einzelnen verstaatlichtep Unternehmung die Aufgabe zufallen soll, bestimmt der Rechnungshof im Einvernehmen mit dem zuständigen Minister. Der Abschlußprüfer hat aber seinen Bericht dem Rechnungshof vorzulegen, der bei ihm weitere Auskünfte einholen kann; der Rechnungshof kann ferner, wenn es im Einzelfall geboten erscheint, auch Auskünfte von der Unternehmung einholen und bei der Unternehmung selbst eine ergänzende Überprüfung vornehmen. Um nun seiner Aufgabe gerecht werden zu können, muß der Rechnungshof offenbar die eine oder andere Arbeitskraft erhalten, die den freien Wirtschaftsprüfern mindestens gewachsen ist; sie sollte eigentlich überragend sein. Ganz leicht wird es nicht sein, solche Kräfte für einen Beamtenkörper zu gewinnen. Im übrigen wird die Praxis den Entscheid bringen, ob die getroffene Lösung richtig ist und beibehalten werden kann.

Sehr zu begrüßen ist, daß das neue Gesetz dem Rechnungshof wieder nicht nur die Erstellung des Bundesrechnungsabschlusses auflädt, sondern auch den endgültigen Abschluß desselben und die Vorlage an den Nationalrat; dagegen, daß er vor der Vorlage an den Nationalrat eine Äußerung des Bundesministeriums für Finanzen einzuholen und, sofern er allfälligen Einwendungen desselben nicht selbst stattgibt, die Äußerung dem Nationalrat mit vorzulegen hat, ist wohl nichts einzuwenden.

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