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Die Ausgabenbremse

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Ein Landwirtschaftsminister erlegt jede Menge kapitaler Böcke in den staatseigenen Bundesforsten. Einige Minister kutschieren in überlangen und mit allen erdenklichen Extras ausgestatteten Dienstkarossen durchs Land. Und leicht vermeidbare Fehlentscheidungen in den Ämtern der Republik kommen den Steuerzahler später oft teuer zu stehen.

Der Rechnungshof, die oberste Prüfinstanz im Land, hat wieder einmal zugeschlagen und die mühsam erarbeiteten und eingetriebenen Steuergelder auf ihre sparsame und zweckmäßige Verwendung geprüft. Der staunende Bürger vernimmt die Prüfergebnisse aus den Medien. Die Verantwortlichen gehen in der Regel hinter nebulosen Verantwortungen in Deckung.

Und alles bleibt beim alten. Bis zum nächsten Jahr. Bis zum nächsten Prüfbericht des Rechnungshofes.

Der Rechnungshof - ein „Wachhund, der zwar bellt, aber nicht wirklich beißen kann?“ (FURCHE 28/1986).

Eines ist allen Beanstandungen der staatlichen Organe, vom kleinen Beamten bis zum Bundeskanzler, durch die Rechnungshofprüfer gemeinsam: an einer Fehlleistung der Verwaltung, die zumeist mit Verschwendung von Steuergeldern gleichzusetzen ist, vermag die Prüfung im nachhinein nichts mehr zu ändern. Und daß der Rechnungshof bericht wenigstens zu Konsequenzen in den Ämtern und Behörden führt, stellt nach allen bisherigen Erfahrungen eher die Ausnahme von der Regel dar.

Was tun, wenn der sorgfältige Umgang mit Steuergeldern angesichts der knapper werdenden öffentlichen Haushalte zum Gebot der Stunde wird? Was tun, wenn nicht zuletzt die Fehlleistungen der Staatsorgane in einer komplexen Gesellschaft kaum behebbare Folge Wirkungen zeitigen?

Wolfgang Lederbauer, seit 1981 Mitglied des Rechnungshofes, hat sich darüber seine Gedanken gemacht und tritt nun mit einem Lösungsvorschlag an die Öffentlichkeit. Er sieht in der Schaffung eines speziellen, den gesetzgebenden Körperschaften zugeordneten Expertengremiums, dessen Hauptaufgabe darin besteht, eine hochwertige Beratung der Legislative sicherzustellen, einen wichtigen Beitrag zur Lösung der vielfältigen, komplexen gesellschaft-

liehen Probleme unserer Staatsorganisation in Gegenwart und Zukunft.

Lederbauer: „Gleichzeitig könnte damit eine verstärkte Kontrollfunktion auf der Seite des Parlaments und der Landtage gegenüber der Exkutive wirksam werden.“ Dadurch wären, so der Rechnungshofmitarbeiter, die vom Rechnungshof oder den Kontrollämtern im nachhinein aufgezeigten Fehler in der Verwaltung in den meisten Fällen schon von vorneherein zu vermeiden.

Die Kosten einer solchen Kontroll- und Beratungsinstanz, nimmt Lederbauer möglichen kritischen Stimmen den Wind aus den Segeln, stünden in keinem Vergleich zu jenen Milliarden von Schillingen, die durch zielgerichtete Vorbereitung von politischen Entscheidungen eingespart werden könnten.

Die Hauptaufgabe des von Lederbauer „Konsultative“ genannten Expertengremiums bestünde in der unabhängigen Verarbeitung des bestehenden Wissens und der Abgabe eines Sachurteils. Dies sei umso notwendiger, als sich gerade in den letzten Jahren die Probleme einander widersprechender oder lückenhafter Gutachten immer mehr ver-

schärfen.

Durch die „Konsultative“ käme auch wieder mehr die „politische Verantwortung“ zu ihrem Recht: denn erst wenn ein Politiker mehr als bisher in die Lage versetzt wird, seine Entscheidungen auf der Grundlage umfassender Informationen zu fällen, könnte er auch zur vollen Verantwortung gezogen werden, wenn er vorhandene Informationen bei seinen Entscheidungen nicht gebührend beachtet, meint Lederbäuer.

Lederbauer weiter: Dem „unrealistischen Ruf nach Entpoliti-sierung“ sei die „Forderung nach einer höheren Qualität politischer Entscheidungen und von intensiven sowie zeitnahen Kontrollhandlungen“ entgegenzusetzen.

Die „Konsultative“ als Organ des Parlaments und der Landtage könnte überhaupt dazu beitragen, daß neue Planungsstrategien statt der bisher üblichen isolierten Betrachtungsweise jedes gesellschaftlichen Problems in den Ministerien Platz greifen.

Investitionen in eine neue Elektrolyseanlage der Aluminiumhütte Ranshofen würden dann zum Beispiel nicht entweder bezüglich ihrer volkswirtschaftlichen oder ihrer umweltbedrohenden Folgen diskutiert, sondern hinsichtlich ihrer langfristigen gesamtgesellschaftlichen Kosten und Auswirkungen.

So gesehen versteht der Rechnungshofmitarbeiter Lederbauer seinen Vorschlag einer „Konsultative“ auch nicht als Ersatz oder Konkurrenz zu den bestehenden Kontrollorganen, sondern als notwendige Ergänzung.

Bleibt abzuwarten, ob Politiker und Beamte überhaupt bereit sind, diesen Vorschlag ernsthaft zu diskutieren. Immerhin lehrt die Erfahrung mit der lang angesagten und stets hinausgeschobenen • Verwaltungsreform, welch zähen Widerstand die österreichische Bürokratie gegenüber Innovationen zu leisten imstande ist.

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