6859772-1977_31_05.jpg
Digital In Arbeit

Keine Privilegien für Länder und Gemeinden

Werbung
Werbung
Werbung

Die derzeitige Rechtslage sieht so aus:

• Bei Unternehmungen, an denen der Bund finanziell beteiligt ist, sei es auch durch eine einzige Aktie oder durch einen geringfügigen Gesellschaftsanteil, ist der Rechnungshof grundsätzlich prüfungsbefugt.

• Bei Unternehmungen, an denen die Länder oder Gemeinden beteiligt sind, ist eine Überprüfung aber nur dann vorgesehen, wenn entweder alle finanziellen Anteile einem Land oder einer Gemeinde zustehen oder wenn an der Unternehmung außer dem Land oder der Gemeinde ausschließlich Gebietskörperschaften finanziell beteiligt sind.

Ein zusätzliches Hindernis für die Prüfungstätigkeit des Rechnungshofes stellt in letzter Zeit auch die sicherlich nicht zufällige Tendenz zur Bildung immer neuer Tochtergesellschaften dar. WirtschaftKche Unternehmungen der öffentlichen Hand wurden in Konzerne oder Holdinggesellschaften zusammengefaßt Der Haken besteht nun darin, daß der Rechnungshof die Überprüfung von Tochtergesellschaften nur anläßlich der Kontrolle der Gebarung der Muttergesellschaft durchführen kann. Die Überprüfung von Unternehmungen, an denen eine Tochtergesellschaft finanziell beteiligt ist, darf vom Rechnungshof derzeit überhaupt nicht angeordnet werden.

Die Auswirkung dieser Beschränkung der Prüfungskompetenz zeigte sich erstmals beim ÖIG-Gesetz, durch das Anteilsrechte des Bundes an den verstaatlichten Unternehmungen an die ÖIG übertragen und die verstaatlichten Betriebe selbst zu Tochtergesellschaften der ÖIG umgewandelt wurden. Es bedurfte damals eines besonderen Gesetzes, um die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes im alten Umfang aufrechtzuerhalten.

Bei den Konzernierungsmaßnahmen der wirtschaftlichen Unternehmungen der Stadt Wien verhält es sich ähnlich: Auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses wurde am 9. Juni 197Afine „Wiener Allgemeine Beteiligungs- und Verwaltungs- ges. m. b. H.” („Wiener Holding”) errichtet, der die Beteiligungen der Stadt Wien an 23 Unternehmungen übertragen wurden. Abgesehen von der „Wiener Holding” sind alle weitergehenden Tochterunternehmungen jeglicher Kontrolle seitens des Rechnungshofes entzogen.

All die genannten Ungereimtheiten sollen nun durch eine für Bund, Länder und Gemeinden gleichermaßen geltende Bestimmung aus der Welt geräumt werden: Eine Prüfungskompetenz des Rechnungshofes soll dann vorgesehen sein, wenn Bund, Länder und Gemeinden, letztere sofern sie mindestens 20.000 Einwohner haben, entweder allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 Prozent am Gesellschaftskapital einer Unternehmung beteiligt sind.

Der Anlaß für die Prüfungskompetenz ist also die „wirtschaftliche Beherrschung” durch eine oder mehrere der Gebietskörperschaften, und sofern diese Voraussetzungen zutreffen, sollen auch Unternehmungen jeder weiteren Stufe dieser Prüfung unterliegen.

Ein weiteres Problem die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes betreffend hat kürzlich die „Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft” (SWA) unter die Lupe genommen: Ausgehend von einer Verfassungs-Anfechtung der Vorarlberger Landesregierung, die sich gegen die im ORF- Gesetz unter § 8 angeführte Dienstordnung wandte (also kein Akt der Hoheitsverwaltung), untersuchte die SWA die Frage, ob das im Artikel 18 der Bundesverfassung postulierte Legalitätsprinzip auch für die Privatwirtschaftsverwaltung gelte und ob in weiterer Folge auch die Privatwirtschaftsverwaltung der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes unterliege.

Nach eingehender Würdigung aller Expertenmeinungen kommt die SWA zu folgendem Schluß: Der Gesetzmäßigkeitsgrundsatz des Artikel 18 gilt auch für die staatliche Privatwirtschaftsverwaltung, die ohne jegliche gesetzliche Grundlage oder die bloß im Rahmen einer formalen gesetzlichen Grundlage ausgeübt wird, Gegenstand der Kritik durch den Rechnungshof sein kana

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung