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Das Deutsche Eigentum

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Die rechtliche Durchführung der Verstaatlichung ist gegenwärtig noch nicht zur Gänze vollzogen (daher: Aufschiebung der Einsetzung der ordentlichen Gesellschaftsorgane und die Notwendigkeit der Bestellung öffentlicher Verwalter), da die meisten nach dem ersten Verstaatlichungsgesetz verstaatlichten Unternehmungen „Deutsches Eigentum“ darstellen, dessen Regelung dem Staatsvertrag vorbehalten bleibt; des weiteren das in der amerikanischen Zone gelegene „Deutsche Eigentum“ der Regierung nur treuhändig übergeben ist und gemäß den Bestimmungen des Treuhandvertrages Eigentumsänderungen ohne ausdrückliche Zustimmung der US-Besatzungsmacht nicht durchgeführt werden dürfen und schließlich eine Zusicherung der Bundesregierung besteht, derzufolge die Verstaatlichungsgesetze bei denjenigen Unternehmungen, bei denen ganz oder teilweise Eigentum von Bürgern der Vereinten Nationen besteht, erst nach Regelung der Entschädigungsfrage durchgeführt werden können.

Hier greift somit ein zweiter, nicht minder wichtiger Fragenkomplex in den Gesamtbereich ein.

Grundsätzlich hat das österreichische Gesetz — gemäß der Rechtsanschauung der ABGB — die Verpflichtung des Staates zur Entschädigung der Vorbesitzer stipuliert, doch war — dies ist im übrigen ein in der Öffentlichkeit oft mißverstandenes Problem — bisher die Entschädigung nicht möglich, da die im Vorabschnitt genannten Gründe derzeit auch der Bereinigung dieser Fragen entgegenstehen; des weitern ist infolge der noch nicht klar um-nssenen Definition des Begriffes „Deutsches Eigentum“ weder Kreis und Umfang der zu zahlenden Entschädigung festgelegt, noch im Hinblick auf die ungeklärte Gesamtlage (Staatsvertrag!) der Zeitpunkt, auf den die Berechnung des Wertes der verstaatliihten Betriebe bezogen, wie auch die Form der Entschädigung feststellbar; endlich sind in einzelnen Fällen für die Festsetzung des Entschädigungsbetrages auch die g e-sellschaftsrechtlichen Voraussetzungen noch nicht gegeben, vor allem dort, wo ein Teil der Gesellschaft in der Hand einer Besatzungsmacht, der andere in österreichischer Verwaltung ist.

Die verstaatlichten Unternehmungen werden in ihrer bisherigen Rechtsforn£ das heißt teils in der Form von Aktiengesellschaften, teils als Gesellschaften mit beschränkter Haftung weitergeführt, wobei im allgemeinen für ihre produktionsmäßige, kommerzielle, finanzielle und technische Leitung jene Grundsätze zu gelten haben, die auch für die Privatwirtschaft gültig sind. So„ genießen zum Beispiel die verstaatlichten Industrieunternehmungen, an welche im Wege der verstaatlichten Banken Aufbau- (Investitions-) Kredite gegeben werden, keinerlei Kreditprivilegien; sie haben sich hier der gleichen kommerziellen Kontrolle und den gleichen Bedingungen wie die übrigen Unternehmungen der Privatwirtschaft zu unterwerfen; sie genießen ferner keinerlei Privilegien steuerlicher oder sonstiger Art und sind auf den Wettbewerb mit der übrigen Wirtschaft gewiesen. Soweit die Rechtslage.

Selbstverständlich werden sich innerhalb dieses Sektors bei der praktischen Durchführung infolge eines da und dort (zum Beispiel Urproduktion) in Erscheinung tretenden monopolortigen Charakters die gleichen ideologischen Strömungen durchzusetzen trachten wie in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. Das sagt an sich nichts gegen die Richtigkeit oder Unrichtigkeit eines bestimmten Ordnungsgedankens. Wie überall bei der praktischen Durchführung wird es gerade auf den vernünftigen Ausgleich der Anschauungen und auf die Persönlichkeit jener Männer ankommen, von deren politischer Einsicht, charakterlicher Integrität und fachlichem Können (dies gilt ebenso für den verstaatlichten wie für den privatwirtschaftlichen Bereich) die Prosperität der ihnen anvertrauten Unternehmungen abhängt.

Das Problem der rationellen (rentablen) Geschäftsführung der verstaatlichten Unternehmungen liegt somit ebenso in der Auswahl der leitenden Persönlichkeiten wie in der wirtschaftlich tragbaren Begrenzung der staatlichen Hoheitsrechte, also der ministeriellen Aufsichts- und Kontrollrechte, die sich von innerbetrieblichen Führungs-aufgaben zweckmäßig freihalten werden. Auf der anderen Seite wird die innere Einstellung des leitenden Funktionärs zu seinem Werk, zu dem er nur Treuhänder ist, wesentlich für die Gesamtentwicklung des verstaatlichten Bereichs sein, dessen Differenziertheit gegenüber privatwirtschaftlich geführten Unternehmungen, wie bereits erwähnt,“ nicht nur in der wirtschaftlich-geschäftlichen Führung, sondern im Berufsethos der leitenden Persönlichkeiten liegt; diese haben der Allgemeinheit gegenüber für ihre Handlungen genau so einzutreten wie der Träger irgendeines anderen dem Staate verhaftenden „offi-cium“. Es gilt hier den Begriff des „officium“ in seiner ganzen sittlichen Tiefe wieder su verlebendigen, wobei die Träger des .Amtes“ die Pflichttreue und Lauterkeit bester österreichischer Tradition mit der Aufgeschlossenheit und dem Können des erfahrenen und modernen Fachmannes vereinen müssen.

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