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Die Treuhander des Staates

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Eine Frage, die in der vielfältigen Diskussion kaum berührt wird, die aber für •die Gesamtführung der Unternehmungen ebenso wichtig ist als das Problem der vorher angedeuteten .Grenzziehung“, ist die Frage der inneren Einstellung des leitenden Funktionärs zu seinem Werk. Vielleicht ist hier die Differenziertheit zwischen der Führung eines verstaatlichten Unternehmens und eines Privatbetriebes am schärfsten ausgeprägt. Grundsätzlich werden die Führungsleitsätze, soweit sie rein wirtschaftlicher Natur sind, in beiden Sektoren die gleichen sein, wenn die Rentabilität der Unternehmungen gewährleistet werden soll; andererseits hat das innere Verhältnis des leitenden Funktionärs eines verstaatlichten Betriebes zu seinem Unternehmen von ganz anderen (ethischen) Grundsätzen getragen zu ein, als dies im Rahmen der privaten Wirtschaft füglich verlangt wird. Usancen, Geschäftsgebräuche usw., die in der Privatwirtschaft gang und gäbe sein mögen, haben im verstaatlichten Sektor keinen Platz. Die leitende Funktionär ist nichts anderes als Treuhänder des. Staates, er hat pflichtgemäß die Belange des Staates zu wahren, ohne natürlich in die Methoden einer typisch bürokratischen Verwaltung zu verfallen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß eine solche Persönlichkeit von durchaus beweglichem, initiativem und verantwortungsfreudigem Charakter — also das sein muß, was man von dem Leiter jedes industriellen Unternehmens verlangen muß, andererseits aber das Treueverhältnis zum Staat oberste Richtschnur seines persönlichen Verhaltens ist. Dies mag vielleicht persönliche Opfer erfordern, doch kann auf eine solche Einstellung im verstaatlichten Bereich nicht verzichtet werden, da gerade in der vielseitigen Verzahnung staatlicher und wirtschaftlicher Interessen für den charakterlich nicht Fundierten zweifellos ein Anreiz liegt, die durch das Treueverhältnis gegenüber dem Staate gezogenen Grenzen irgendwie zu verwischen.

Es ist daher klar, daß bei der Auswahl der zur Führung in verstaatlichten Betrieben berufenen Persönlichkeiten der strengste Maßstab an Charakter und Können anzulegen ist.

Die V e r s t a a 11 i c h u n g s f r a g e ist letzten Endes im wesentlichen ein Problem der zu berufenden Persönlichkeiten.

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