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Noch ein Mammutministerium

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Diese Art Kompetenzumschichtung und -Verwirrung tritt auch für andere Ressörts auf. Das bisherige Bundesministe-

riumfürVerkehr, dessen Titel sich nun ergänzt mit „und verstaatlichte Betriebe“, erhält zu seinem weiten Bereich für Eisenbahnen, Post und Telegraphen aus der aufgelassenen Zentralstelle für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung den gesamten Komplex der verstaatlichten Betriebe (mit Ausnahme der verstaatlichten Banken) und aller Unternehmungen, die mit verstaatlichten Betrieben wirtschaftlich Zusammenhängen und an denen der Bund beteiligt ist, aber auch der Werkgenossenschaften an verstaatlichten Unternehmungen und der öffentlichen Verwaltung verstaatlichter Betriebe. Das ist ein Riesenstrauß aus den mannigfachsten Wirtschaftsmaterien, nicht wenigen sehr stachligen und höchste Fachlich- keit erfordernden darunter. Es gebührt selbstverständlich dem erwählten Minister, solange nicht das Gegenteil erwiesen ist, das volle Vertrauen auf seine hervorragenden Eigenschaften, aber dieser Minister für das Quodlibet einer solchen Kompetenzhäufung wird sich als ein Wunderkind bewähren müssen, wenn sein neues Mammutministerium nicht eine Fehlgeburt werden soll. Vielleicht wäre die gestellte Aufgabe dann zu bewältigen, wenn die zahlreichen, vielgestaltigen Unternehmungen, die jetzt in diesem Ministerium zusammengebündelt werden, als autonome Wirtschaftsbetriebe der selbständigen Führung von Fachleuten überlassen würden und der Minister sich mit seiner immer noch machtvollen und verantwortungsschweren Stellung als oberste Aufsichtsbehörde begnügte. Aber ist dies die letzte Absicht dieser unnatürlichen Häufu

politischer Hand? Man wird besorgt, wenn man vernimmt, daß die Eigenverantwortlichkeit der staatlichen Unternehmungen schon durch eine erfolgte Anordnung eine kritische Beschränkung erfährt, der zufolge alle größeren Arbeitsaufträge und alle größeren Lieferungen nicht mehr von der Betriebsführung, sondern von einer neuen Stelle im Ministerium vergeben werden. Die hier einsetzende Vermachtung eines Zentralapparats ist unter allen Umständen gefährlich, sie würde es aber erst recht, wenn allgemeines Volksgut parteiegoistischen Interessen dienstbar gemacht würde. Auf dem Pfad, der hier begänne, ist man noch in jedem Staat in eine böse Grube gelangt. Wenn bei uns zu Lande etwa das Beispiel der Labour Party als Vorbild dienen sollte, dann hieße das den Tag vor dem Abend der englischen Neuwahlen loben, in denen noch das nahe bevorstehende Urteil des englischen Volkes über die wirtschaftliche Vermassungspolitik abzuwarten ist.

Man lasse die Wirtschaft mit Parteipolitik in Ruhe. Es ist zum geringsten Teil österreichische Schuld, daß unsere Heimat ein armes Land geworden ist, dessen Notstände vor den Augen des einfachen Mannes noch durch die Marshall-Plan-Hilfe verdeckt werden. Zu romantischen Versuchen und Spekulationen, und wenn sie noch so sehr von parteipolitisdiem Ehrgeiz gelenkt würden, reichen unsere Mittel nicht. Sie können nur tiefer hinab in Sorge und Drangsal führen.

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