6869635-1978_18_05.jpg
Digital In Arbeit

Investitionsmilliarden als Gesellschaftspolitik

Werbung
Werbung
Werbung

Pointiert könnte man das Rezept der Regierung ungefähr so umreißen: Man mache eine schlechte Wirtschaftspolitik und behaupte sodann, die Wirtschaft habe versagt, sie werde mit den Problemen nicht fertig, weshalb die Regierung intervenieren müsse. Um die Interventionen schmackhaft zu machen, garniere man sie mit „Geschenken“ für die Unternehmen, so daß diese, um nur ja auch einen Happen abzubekommen, der Regierung auch noch applaudieren müssen.

So kann man Gesellschaftspolitik in Wirtschaftspolitik umfunktionieren, und sie dann noch als Beweis für die gesellschaftspolitische Neutralität seiner Maßnahmen heranziehen.

Den neuesten Coup in diesem Spiel hat die Regierung mit ihrem Investitionsprogramm gelandet. Da sollen in den nächsten Jahren Milliarden für Zinssubventionen und sonstige Fördermaßnahmen bereitgestellt werden, um die Investitionsaktivitäten anzukurbeln. Wer kann da noch die Regierung der Wirtschaftsfeindlichkeit beschuldigen?

Allerdings, wären die Belastungen in den letzten Jahren nicht so gigantisch gestiegen, wäre die Eigenkapitalbildung nicht so konsequent erschwert worden, würden jetzt nicht Steuermilliarden in die Wirtschaft gepumpt werden müssen, welche dann todsicher ihrerseits wieder als Grund für neuerliche Ausweitungen des Budgetdefizits und als Legitimierung für unterlassene Steuerkorrekturen oder gar für die Einführung neuer Steuern werden herhalten müssen.

Eines Tages wird der Finanzminister argumentieren: Sicherlich könne er auf irgendeine geplante neue Steuer verzichten, aber dann müsse die Investitionsförderung liquidiert werden -worauf sich die Sprecher der Wirtschaft beeilen werden, zu versichern, daß die neue Steuer doch noch das kleinere Übel sei.

Darüber hinaus behält sich die Regierung - und wer kann es ihr verü beln - naturgemäß das Recht vor, über die Verteilung der Subventionsmilliarden zu entscheiden. Sie kann doch - versteht sich - Steuergelder nicht in schlecht geführte Unternehmen oder“ in dubiose Projekte stecken.

Aber sind staatliche Instanzen im-

stande, die Förderungswürdigkeit einer Investition korrekt zu beurteilen? Und werden wirklich lediglich ökonomische Kriterien für die Gewährung der Hilfe maßgebend sein? Auf Grund der bisherigen Erfahrungen ist einige Skepsis nicht unrealistisch.

Schon dadurch, daß bei den geförderten Krediten fünf Millionen das unterste Limit ist, wurde eine Vorentscheidung für Großunternehmen getroffen, obwohl gerade die kleinen und mittleren Unternehmungen sich als die krisenfesteren, beschäftigungspolitisch interessanteren und auch im Export erfolgreicheren erwiesen haben. Allerdings für ein gesellschaftspolitisches Konzept, welches - konform dem marxistischen Dogma - in einer permanenten wirtschaftlichen Konzentration die Voraussetzung für die Entprivatisierung sieht, sind sie ein Stein des Anstoßes.

Welche Tendenzen verfolgt werden sollen, darüber ließ die kürzlich in Bad Tatzmannsdorf abgehaltene Hauptversammlung des Arbeiterkammertags keinen Zweifel: Es wurde der Erwartung Ausdruck verliehen, daß mit der praktischen Durchführung der Investitionsförderung in Kürze begonnen werde, wobei besonderes Augenmerk auf Finanzierungsfragen der verstaatlichten Industrie zu legen sei. Darüber hinaus solle eine Institution zur Sanierung derjenigen Unternehmungen geschaffen werden, welche durch Wachstumsschwäche und Managementfehler in akute Schwierigkeiten geraten seien.

Die Befürchtung, die neue Investitionsförderung könnte eine einseitige Bevorzugung der verstaatlichten Industrie auf Kosten der Privatwirtschaft mit sich bringen, dürfte also nach dieser Resolution kaum als böswillige Verleumdung der Opposition abqualifiziert werden können. Naturgemäß wird dies neue propagandistische Munition üefern, denn die mit besonders kräftigen Finanztransfusionen gedopte verstaatlichte Industrie wird dann - wie schon gehabt - als stabiler und zuverlässiger präsentiert als die Privatindustrie.

Und wie beurteilt man Managementfehler, welche - selbstverständlich im Interesse der Allgemeinheit - die Un-

terstellung eines Unternehmens unter das Kuratel einer Sanierungsinstitution notwendig machen? Managementfehler gibt es naturgemäß nur bei Privatfirmen, bei Betrieben, bei denen der Staat oder die Gebietskörperschaften die Hand im Spiel haben, kann es derartige - siehe Bauring - nicht geben. Und im Falle eines Falles kommt dort der Steuerzahler sowieso für alles auf.

Die Wirtschaft wird also systematisch in die Zange der institutionellen Verstaatlichung einerseits und der funktionellen Verstaatlichung anderseits genommen. Aber dies sei - so wird uns versichert, keineswegs beabsichtigt. Die Regierung habe gar nichts gegen die Privatwirtschaft und denke auch nicht daran, etwas gegen sie zu unternehmen. Was diesen Eindruck erwecke, sei eine ganz natürliche Entwicklung, basierend auf historischen Gesetzmäßigkeiten - denen lediglich unter der Hand auf Grund besserer, weil marxistischer Einsicht in die historischen Notwendigkeiten ein wenig nachgeholfen werde.

Institutionell wird daher keinesfalls durch neue Verstaatlichungsgesetze entprivatisiert. Durch bessere Dotierung mit billigem Geld, durch Bevorzugung bei Handelsverträgen, durch die Möglichkeit der Kapitalaufstok-kung aus Steuermitteln wird lediglich die Finanzkraft der verstaatlichten Industrie gestärkt - und dann ergibt es sich eben aus rein „wirtschaftlichen Gründen“, daß Privatbetriebe notleidend werden und der „tüchtigen“ Verstaatlichten zum Kauf angeboten werden.

Viel stärker forciert wird aber - wieder einmal nach schwedischem Modell , - die funktionelle Verstaatlichung, d. h. den Unternehmen werden -durch dirigistische Gesetze, Kreditlenkung mit entsprechenden Auflagen, gewerkschaftliche Mitbestimmung - kontinuierlich Kompetenzen entzogen, so daß dem Management immer weniger Funktionen, dem Eigentümer zwar die Verantwortung, nicht aber die Verfügungsgewalt bleibt. Die als Investitionsförderung kaschierten Maßnahmen sind nur ein weiterer Schritt in diese Richtung.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung