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Der Saldo aus dem Pro und Kontra

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Es gier Kerne taeaie ttgentumsora-nung. Ob totale Staatswirtschaft oder eine (ohnedies utopische) totale Privatwirtschaftsordnung: Jede Eigentumsordnung hat ihre Mängel. Auch jene Mischform, wie sie für Österreich charakteristisch und Anlaß vieler Erwägungen auch im Ausland ist.

Der technische und der ihm verbun-dene wirtschaftliche Prozeß vollzieht sich weitgehend in einer Eigengesetzlichkeit. Die Großbetriebe sind nicht allein menschlicher Initiative entwachsen, sondern entsprechen den technischen Wirklichkeiten. Der Großbetrieb verlangt nun bei Errichtung und Finanzierung seiner Vorhaben relativ viel Kapital.

Da es nicht allzu viele „Reiche“ gibt, kommen als Geldgeber um dit Gebietskörperschaften, Geldinstitute mit ihren Einlagegeldern w.d Wertpapiersparer als Finanziers in Betracht.

Die Alternative heißt daher nicht, Staatseigentum oder Kleineigentum sondern Staatseigentum oder unterschiedliche Groß- und Kleineigentumsformen. Dabei wollen wir dem Staatseigentum auch das Eigentum der anderen Gebietskörperschaften (Gemeinden und ähnliche) zurechnen, ebenso die verstaatlichten Banken.

Die Auseinandersetzung geht daher nicht sosehr, wer Eigentümer ist, sondern darum, wie durch eine besondere Form der Eigentumsordnung die Freiheit der Werktätigen (auch der Selbständigen) weitgehend gesichert, eine optimale Höhe des Sozialproduktes erreicht und das Produzierte gerecht verteilt werden kann.

Die Verstaatlichung schränkt den Freiheitsraum des Menschen oft ungebührlich ein. Gleiches vollzieht sich auch allmählich durch eine zu weit gehende Konzentration in den Regionen der sogenannten „freien“ Wirtschaft. Die EWG-Kombinate nähern sich in der Dichte der Organisation und durch die Beseitigung des Eigenwillens der einzelnen Wirtschafter bedenklich den Kombinationen im Raum des COMECON.

Die Bedrohung der Freiheit des Menschen vor allem während seines Erwerbseinsatzes (auch der Selbständigen!) ist bedenklich geworden. Es hieße daher, einer nun einmal vorhandenen Idiosynkrasie nachgeben, wollte man alle Gefahr nur in der Verstaatlichung sehen.

Die Verstaatlichung in Österreich, beschlossen von den beiden Parteien der Koalition, ist nicht so sehr das Ergebnis doktrinärer Überlegungen, sondern muß aus der historischen Situation heraus verstanden werden. Es gab nach 1945 und gibt auch heute kaum eine andere Möglichkeit als das Eigentum an bestimmten Betrieben bei der Republik Österreich zu belassen oder es an Ausländer zu übereignen. Die Befürworter der Entstaatlichung um jeden Preis stehen bewußt oder unbewußt im ausländischen Engagement. Bei nicht wenigen Betrieben, die in das Eigentum von Ausländern übergegangen sind, sehen wir bereits, wie man bedenkenlos die Arbeiter auf die Straße setzt, wenn die Interessen des ausländischen Stammhauses dies verlangen. Tausende sehen es. Nur die Verantwortlichen in beiden Parteien übersehen diese Dinge geflissentlich, um ja nicht irgendwo im Ausland Anstoß zu erregen.

Bei allem Bemühen, die besondere Situation in Österreich zu verstehen und zu billigen, darf man nicht allem zustimmen, was im Rahmen der „Na-tionalindustrie“ geschieht:

• Die Verstaatlichung hat die Grenzen ihrer Expansionsmöglichkeiten erreicht. Jenseits dieser Grenzen bedeutet eine weitere Expansion ein Übergreifen des Staates auf Gebiete, in denen er nicht zuständig ist.

• Die merkwürdigen Vorgänge bei den Stickstoffwerken — und nicht nur bei diesen — lassen vermuten, daß ohne viel Bedenken „Nationalvermögen“ verschleudert wird. Das betriebswirtschaftliche Rationalprinzip wird in der verstaatlichten Wirtschaft weit weniger durchgesetzt als in der Privatwirtschaft.

De« Mahnungen des Rechnungshofes wird kaum entsprochen. Was tut sich beispielsweise im Bereich der Repräsentationsaufwendungen, in der Projektierung sinnloser Vorhaben, die dann wieder bei einem verlorenen Aufwand, der in die Millionen geht, aufgegeben werden müssen.

• Die Personalpolitik: Man ist geneigt, über die staatliche Bürokratie Witze zu machen und bestimmte Gesetze ihrer Entwicklung zu formulieren. Nun wissen wir aber, daß es in der „Nationalindustrie“ eine Bürokratie gibt (wenn auch auf Abruf), die ärger ist als es jemals die alten Ämter waren. Dabei werden die Bürokraten der „Nationalindustrie“ erheblich höher honoriert.

In der Wirtschaft kommt es also nicht allein darauf an, wer Eigentümer ist, sondern auch, welche persönliche Qualitäten der wirtschaftende Mensch hat, ob er auf das Gemeinwohl Bedacht nimmt oder egoistisch fixiert ist.

Der Egoismus ist aber nicht ein, Privileg des „Kapitalisten“ klassischer Prägung, sondern kann auch vom Staatsmanager praktiziert werden.

Auf der anderen Seite kann aber die Freiheit des Selbständigen nicht allein durch den Staat in einem unvertretbaren Umfang reduziert werden, sondern auch durch Unternehmerverbände selbst, deren Repräsentanten lautstark auf die freiheitlichen Prinzipien hinweisen, denen sie sich verschrieben haben. Wenn wir etwa in der EWG den Dingen auf den Grund gehen, wird dort aber nicht so sehr der Unselbständige in seiner Freiheit limitiert, sondern der Selbständige, der allmählich durch eine Unsumme von Verfügung diszipliniert wird, so daß ihm schließlich nur noch der Eigentums t it el, nicht aber die Eigentums-gebr auchs macht bleibt.

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