Applaus, Applaus: In der grünen Mark wird 450mal "Durchgesetzt" plakatiert. Die Röhre wird gebaut! Die jüngste Runde im Ring-Kampf um den Semmeringbasis-Tunnel geht an die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic. Gong.
Erwin Pröll, Klasnics niederösterreichischer Konterpart, liegt keineswegs groggy am Boden. Im Gegenteil: In der nächsten Runde werde er punkten. Das Verfassungsgericht habe seine Sichtweise bestätigt. Niederösterreich werde einen neuen (negativen?) Bescheid erlassen, alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um den Wahnsinnstunnel zu verhindern. Bravo, tönt es aus der Ecke der Einpeitscher. Die "Krone" titelt "Sieg der Vernunft". Jetzt werde man Alternativen zur Röhre ins Auge fassen.
Von der bei uns üblichen Personalisierung von Sachfragen zurück zu den Fakten. Das Verfassungsgericht hat entschieden: Der Naturschutz (in der Kompetenz der Länder) dürfe nicht zur Verhinderung von Bundesvorhaben im Bereich des Verkehrswesens eingesetzt werden. Der Bund entscheidet also über die Sinnhaftigkeit übergeordneter Projekte, die Länder können bei deren Umsetzung Auflagen festlegen, die für größtmöglichen Naturschutz sorgen. Hätte das Verfassungsgericht anders entschieden, wäre bald überhaupt kein überregionales Projekt mehr zu verwirklichen.
Hat das Höchstgericht damit grünes Licht für den Tunnel gegeben? Nicht wirklich. Es hat nur festgelegt, daß Naturschutz kein taugliches Mittel zu seiner Verhinderung darstellt.
Spricht nun also alles für den Tunnel? Nein. Denn an den verkehrs- und wirtschaftspolitischen Aspekten hat sich nichts geändert: Die Scheitelstrecke hat noch auf Jahre hinaus genug Kapazität , und zehn Milliarden Schilling für 30 Minuten weniger von Wien nach Graz sind wohl nicht das Gelbe vom Ei. Dasselbe Geld in eine Anbindung an die projektierte Strecke Wien-Sopron-Triest gesteckt, wäre viel besser investiert und würde die Steiermark besser ins europäische Eisenbahnnetz integrieren, so auch das Urteil einer Experten-Kommission zum Ausbau der Südbahn im Vorjahr.
Aber was sollen Vernunftargumente, wenn politisches Prestige am Spiel steht? Also werden wir uns wohl den Tunnel leisten, Frau Klasnic zuliebe - und den Steirern. Auch wenn's Herrn Pröll verdrießt. Sei's drum. Österreich hat schon für Unsinnigeres Milliarden verjuxt.