Mehr als eine Legende: Toni und Ted

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Natürlich ist es Zufall: Sie wurden am vergangenen Samstag zur selben Stunde bestattet. Sie hatten dieselbe todbringende Krankheit: Gehirntumor. Sie waren beide über Jahrzehnte hinweg Idole – weit über die Grenzen ihrer Heimat hinaus. Und groß war jetzt auch die Betroffenheit über den Tod der beiden: Toni Sailer und Ted Kennedy.

Hier enden die Parallelen – und doch auch wieder nicht. Was nun folgt, ist eine sehr persönliche Erfahrung mit beiden. Vielleicht zu persönlich.

Das erste „Interview“

Toni Sailer war das erste große Vorbild meiner Jugend. Hunderte Male habe ich damals seinen Namen und seine Bilder aus Zeitschriften ausgeschnitten und in „Alben“ (sprich: Schulhefte) eingeklebt. Und atemlos haben wir Buben 1958 in Bad Gastein seine letzten großen Siege miterlebt. Bis, nur wenige Monate später – gut 50 Jahre sind seither vergangen –, das Unglaubliche passierte: Zitternd stand ich, eben 15-jährig, vor dem großen Toni Sailer. Tollkühn hatte ich mir das Treffen als „Interview-Termin“ für eine deutsche Jugendzeitung erkämpft.

Sailer hatte den Schwindel rasch durchschaut. Und doch: Er schenkte mir damals nicht nur eine Limonade und seine Zeit, sondern auch ein ernsthaftes, spannendes Gespräch. So ernsthaft und spannend, dass mein Bericht darüber von der deutschen Zeitschrift tatsächlich abgedruckt wurde.

Die erste Autorenzeile, das erste Honorar! Es war der unvergessliche Start in ein langes, erfülltes Journalistenleben. Viel später habe ich Toni Sailer die Alben der Jugend geschenkt. Seine Reaktion hat mein Bild von ihm bestärkt.

Und Ted Kennedy: Als er im August 1980 nach der Präsidentschafts-Nominierung der US-Demokraten griff, war ich beim Wahlkonvent in New York mit dabei. Ein packendes Duell mit Jimmy Carter, überlagert von den Tragödien und Mythen der Kennedys, von Teds Strahlkraft – und seinen damaligen Defiziten, politisch und menschlich.

Es war am Tag vor der Entscheidung – und beide Bewerber waren auf wilder Flucht vor den Medien. Ganz alleine war ich abends im Swimmingpool meines Hotels, als sich die Türen öffneten, ein Geheimdienst-Trupp das Becken umstellte. Im Umkleideraum trafen wir zusammen, Ted Kennedy und ich, umstellt von Bewachern – und der Zufall spielte mir eine Chance zu, für die US-Journalisten wohl viel eingesetzt hätten: Entspannt und herzlich unterhielten wir uns – über Österreich und Kreisky, über Europas Sozialmodelle und den Nahostkonflikt. Mitten im Auge des politischen Taifuns. Ja, und dann schenkte mir Ted Kennedy noch ein (durchaus kritisches) Buch über ihn, samt Widmung.

Bleibender Verlust

Gegen alle Verlockung habe ich nie über dieses Gespräch geschrieben: Persönliches sollte persönlich bleiben.

Es heißt, unsere Zeit brauche wieder Vorbilder. Toni Sailer war es schon damals. Ted Kennedy ist es geworden. Manch andere, die als Vorbild galten oder gelten wollten, haben diesem hohen Anspruch im persönlichen Kontakt nicht standgehalten. Haben enttäuscht.

Nicht die beiden – der Ausnahmesportler und der Ausnahmepolitiker. Ihr Tod ist mehr als das Ende einer Legende. Er ist – jenseits ihrer Begabungen – ein bleibender Verlust.

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