"Menschen nicht vertreiben"

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"Wir bemühen uns seit einem Jahr, etwas mit dem Praterstern zu tun. Denn viele fühlen sich dort subjektiv unsicher.

Wir haben alle Stakeholder vom Praterstern eingeladen, gemeinsam mit uns Konzepte auszuarbeiten. Dann sind wir in einen Workshop mit 45 Teilnehmern gegangen. Alle politischen Fraktionen waren dabei."

Im Jahr 2016 trat Uschi Lichtenegger von den Grünen die Nachfolge von Karlheinz Hora (SPÖ) als Bezirksvorsteherin an. Mit der FUR-CHE spricht sie über Umgestaltungspläne und Vertreibungseffekte, die Zusammenarbeit mit Polizei und Sozialarbeit und die Rolle des Geldes.

Die Furche: Sie sind seit 16 Monaten Bezirksvorsteherin, seit vielen Jahren Leopoldstädterin. Was denken Sie, wenn Sie dieser Tage Medienberichte über den Praterstern lesen?

uschi Lichtenegger: Ich freue mich nicht. Denn er ist der Hotspot, der Unort für ganz Österreich und die Berichterstattung ist sehr negativ. Wir bemühen uns seit einem Jahr, mit dem Praterstern etwas zu tun. Auch weil er sehr wichtig ist, ein zentraler Umsteigeort für Wien. Und viele fühlen sich dort subjektiv unsicher. Das hatte früher auch damit zu tun, dass Menschengruppen direkt vor dem Eingang gestanden sind. Wer zu Bus oder Bahn gegangen ist, musste sich durch die Leute durchschlängeln. Andere haben sich allein wegen der hohen Polizeipräsenz unsicher gefühlt: Wenn viel Polizei da ist, muss es unsicher sein. Im Eingangsbereich haben wir inzwischen alle Mistkübel und Aschenbecher abmontieren lassen. Direkt an den Eingängen darf sich niemand mehr aufhalten. Man kommt also wieder ungestört zu den Haltestellen.

Die Furche: Was ist ihr Ansatz, mit dem Platz umzugehen?

Lichtenegger: Ich habe Stadträtin Maria Vassilakou dafür gewonnen, uns einen Umgestaltungsprozess über die Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung zu finanzieren. Ein Büro wurde damit beauftragt. Wir haben alle Stakeholder vom Praterstern eingeladen, gemeinsam mit uns Konzepte auszuarbeiten. Es wurden auch Tiefeninterviews geführt. Mit deren Ergebnissen sind wir in einen Stakeholder-Workshop mit 45 Teilnehmern gegangen. Alle politischen Fraktionen waren dabei. Dazu Vertreter von Polizei, Wiener Linien, ÖBB, Sozialarbeiter und Kulturschaffende vom Praterstern. Ein Ergebnis des Workshops, das mich sehr gefreut hat, war, dass wir die marginalisierten Menschen nicht vertreiben wollen. Denn es wäre eben nicht mehr als ein Vertreibungseffekt -so wie diese Gruppen einst vom Karlsplatz zur Gumpendorferstraße und dann zum Praterstern gewandert sind. Prinzipiell arbeiten hier seit vielen Jahren Polizei, mobile Sozialarbeiter, Wiener Linien, ÖBB und der Bezirk gut zusammen. Es gibt einen monatlichen Sicherheits-Jour-fixe unter Federführung der Sucht-und Drogenkoordination. Wenn etwas aufpoppt, kann also sofort darauf reagiert werden, da gibt es ganz klare Kommunikationswege.

Die Furche: Was soll sich konkret ändern am Praterstern?

Lichtenegger: Beim Workshop wurden Maßnahmenpakete ausgearbeitet. Dazu gehört auch Kunst-und Kulturarbeit, die dem Ort ein positiveres Image geben soll. Damit über den Praterstern nicht nur dann berichtet wird, wenn es wieder eine Schlägerei gegeben hat. Dazu soll der Bahnhofsvorplatz umgestaltet werden. Mein Ziel ist, dass die riesigen Pflanzengefäße dort abgerissen werden.

Die Furche: Damit wären auch die Bänke weg, die daran hängen.

Lichtenegger: Ja. Auf diesen Bänken halten sich oft marginalisierte Gruppen auf. Es gibt aber andere Orte am Praterstern, wo Bänke möglich sind. Wir sind das mit dem Fonds soziales Wien und der Sucht-und Drogenkoordination durchgegangen. Da ist schon vieles durchdacht, bisher scheitert die Umsetzung aber am Geld. Hinzu kommt: Auf der Rückseite des Pratersterns wird gerade der Austria Campus gebaut, wo die Wirtschaftskammer und die Zentrale der Bank Austria einziehen werden. Da kommen also ein paar Tausend Arbeitsplätze hinein. Auch dort ist also noch Luft nach oben, um nachzugestalten.

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