Blockaden als Osterpredigt

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Die Transitstraßenblockaden kurz vor Ostern hatten nicht nur wegen der Störung des Osterreiseverkehrs sehr viel mit Ostern zu tun. Die Auferstehung Jesu bedeutet, dass es nicht nur ein Leben nach dem Tod gibt, sondern auch eines vorher. Aber nicht das, was bei uns unter "Leben" läuft: dieser Marathon im "Wachstums"-Hamsterradl.

Dieses Immer-"flexibler"-werden-Müssen, bis man als überschüssige "Arbeitskraft" ohnedies entsorgt wird. Dieses hektische Saugen an immer neuen "Beziehungen". Diese Vital- und Bio-"Lebendigkeit", die Glück mit Endorphinen verwechselt und hauptsächlich das "natürlich" findet, was unter diesem Namen verpackt ist. Diese als "Leben aus dem Vollen" verstandene Materialschlacht, in der 20 Prozent der Weltbevölkerung 80 Prozent des Reichtums und der Energie verputzen. Die jederzeitige Mobilität, die man bei uns als Lebensqualität verkauft. Und der zuliebe bei Ozonalarm die Kinder zu Hause bleiben müssen und nicht die Autos. Das, was sich da ängstlich-brutal gegen die Habenichtse der Welt abschotten will.

Das alles hat eher etwas mit Sterben vor dem Tod zu tun als mit Leben. Dafür hätte es auch nicht der Auferstehung Jesu bedurft. Denn dass es "nachher irgendetwas geben muss", haben die Menschen immer von selbst geahnt. Die Auferstehung Jesu zeigt uns, was dieses Nachher vorher bedeuten kann: ein langfristig ausgerichtetes Leben. Das Schritte setzen kann und nicht Sprünge machen muss. Ein Leben, das die anderen zu Gast sein lassen und Zeit mit ihnen teilen kann. Das sich selbst gehalten weiß und anderen Halt geben kann.

Die Transitstraßenblockaden haben für kurze Zeit dort einen Zwischenstopp erzwungen, wo die Verkorkstheit unseres Verständnisses von "Leben" besonders deutlich wird. Und das kurz vor Ostern. Durchaus eine Osterpredigt.

Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.

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