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Andreas Batlogg über seinen Krebs: Ein mutiges Lebenszeugnis

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Andreas Batlogg, Jesuit und Publizist, hat ein Buch über sein Leben nach der Diagnose Krebs geschrieben. Schonungslos offen, aber auch mutmachend -nicht nur für alle, die ähnliches Schicksal erleiden müssen.

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Andreas Batlogg, Jesuit und Publizist, hat ein Buch über sein Leben nach der Diagnose Krebs geschrieben. Schonungslos offen, aber auch mutmachend -nicht nur für alle, die ähnliches Schicksal erleiden müssen.

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Er war von 2000 bis 2017 Chefredakteur der Stimmen der Zeit, der renommierten, von Jesuiten geführten Monatsschrift, die in München erschien. Auch FURCHE-Lesern ist Andreas Batlogg SJ seit Langem als Autor bekannt - zuletzt setzte er sich in dieser Zeitung mit der Analyse über "spirituellen Missbrauch" der ehemaligen Ordensfrau Doris Wagner auseinander, welche dieser Tage im ganzen deutschen Sprachraum Furore machte..

Doch im Herbst 2017, als Batlogg sich auf ein Sabbatjahr in Israel vorbereitete, traf ihn die Diagnose Krebs: Ein Tumor im Darm veränderte das Leben des Jesuiten von einem Tag auf den anderen, machte seine Israel-Pläne fürs Erste zur Makulatur -und nicht nur diese. Eineinhalb Jahre sowie etliche Operationen und Krebstherapien später macht Batlogg seine Erfahrungen und Einsichten in seinem neuen Buch "Durchkreuzt. Mein Leben mit der Diagnose Krebs" zugänglich.

Ungesagtes wird endlich gesagt

Eine Gratwanderung, eine mutige Auseinandersetzung stellt diese Neuerscheinung dar. Und eine Hilfe für alle, die sich mit den Fragen, aber auch den konkreten Nöten, die die Krankheit mit sich bringt, auseinandersetzen wollen. Eine nichts beschönigende, aber ganz und gar nicht hoffnungslose Darstellung bietet "Durchkreuzt" an. Ein mutiges Unterfangen, das an Tabus rührt.

Denn gerade in der Auseinandersetzung mit Krebs bleibt normalerweise vieles ungesagt: Was die einzelnen Therapien bedeuten, mit welchen körperlichen und seelischen Problemen sich Menschen auseinandersetzen müssen, und wie es da einem Priester und Ordensmann geht, der ja von seiner Profession her Hoffnung verströmen sollte und den Trost der Religion mit im Gepäck führt. Was aber, wenn einer wie Batlogg dann selber ringen muss, mit den Schmerzen oder körperlichen Einschränkungen, für deren Beschreibung ein Ausdruck wie "Gebrechen" bei Weitem nicht ausreicht?

Zu den eindrucksvollen Zugängen im Buch zählt, dass Batlogg sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Dass das Hantieren mit einem künstlichen Darmausgang oder die mit der Krankheit verbundene Inkontinenz aber ganz massiv auch an den Selbstwert eines Patienten rührt, wird selten in schonungsloser Klarheit thematisiert. Derartiger Zugang könnte beim Leser zwar leicht in ein Gefühl der Indiskretion kippen.

Aber Andreas Batlogg findet eine Sprache, die genau das nicht aufkommen lässt. Im Gegenteil: Man ist froh darüber, dass die demütigenden Aspekte der Krankheit vom Autor als solche benannt werden.

Wie mit Leid der Krankheit umgehen?

Es mag zunächst den Anschein haben, derartige Lektüre sei wenig ersprießlich. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Erst wer sich seinem persönlichen -körperlichen wie seelischen wie geistlichen -Leid stellt, kann auch Wege aufzuzeigen versuchen, wie damit umzugehen wäre.

Die Prüfung der Krankheit ist eben auch eine religiöse Frage. Ob das, was man glaubt, trägt, beweist sich erst im Angefochten-Sein. Die Krankheit ist da gewiss eine extreme Erfahrung, und Batlogg beschönigt hier wenig. Aber tröstlich bleibt, dass es ihm gelingt, sich in all diesen Anfechtungen die Geborgenheit seines Glaubens zu bewahren.

Das hat aber auch mit der Einbettung in Beziehungen zu tun -zu den Ärzten ebenso wie zu Mitbrüdern oder anderen Begleiter(inne)n auf dem Lebensweg. So wie es Andreas Batlogg in "Durchkreuzt" beschreibt, hat er es hier gut getroffen: Er kann auf ein Netz von näheren und entfernteren Freundschaften setzen, und auch dies trägt ihn wesentlich durch seine schwere Zeit. In wenigen Wochen wird Batlogg nun doch sein Sabbatjahr in Israel antreten. Eine Perspektive, die ihm in den dunklen Stunden der Krankheit nicht immer vergönnt war.

Es war sicher mutig, diesen Weg mit der Diagnose Krebs sozusagen vor aller Welt auszubreiten. Aber ebendiese Welt bedarf auch solchen Muts, damit zu aller Bangigkeit, wie es nach einer derartigen Diagnose weitergehen kann, ein konkretes Lebenszeugnis hinzugesetzt werden kann.

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