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Jugend ohne Gott - dieser bekannte Romantitel Ödön von Horvaths könnte auch über der jüngsten Shell-Jugendstudie stehen. Ihr zufolge befindet sich der christliche Glaube unter den Jugendlichen in Deutschland auf dem Weg des Niedergangs. Erschreckend ist nicht nur die steigende Zahl derer, die keiner Religionsgemeinschaft mehr angehören. Laut Shell-Studie bekunden selbst unter den Kirchenmitgliedern nahezu zwei Drittel der Befragten evangelischen und katholischen Jugendlichen, nicht mehr zu glauben. Sie haben nicht nur mit Gott nichts mehr im Sinn, sondern mit Religion und Kirche überhaupt. Weniger als ein Drittel der jungen Leute besucht noch gelegentlich einen Gottesdienst, und auch das Gebet ist weitgehend aus der Übung gekommen.

Gut besuchte Kirchen- und Katholikentage können nach Ansicht der Verfasser der Studie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kirchen kaum noch eine Chance haben, unter den derzeitigen Bedingungen und in den bisherigen Formen auf die junge Generation einen nennenswerten Einfluss auszuüben.

Für Österreich fehlt eine vergleichbare Studie. Aber die für Deutschland erhobenen Trends dürften sich auch hierzulande abzeichnen. Mitteleuropa entwickelt sich zu einer Region der Gottvergessenheit, in der nicht einmal mehr die Frage nach Gott präsent ist. Es wächst eine Jugend ohne Gott heran, die dennoch nicht ohne Götter ist.

Martin Luthers allgemeiner Gottesbegriff ist unvermindert aktuell. Woran du dein Herz hängst, so Luther, das ist eigentlich dein Gott. Dabei spielt es keine Rolle, ob der persönliche Lebensmittelpunkt als Gott bezeichnet wird oder nicht. Die sinnstiftenden Werte von heute haben freilich eine bisweilen erschreckend kurze Halbwertzeit.

Die Kirchen kann dies jedoch nicht beruhigen, solange sie ihre verlorene Sprachfähigkeit und Glaubwürdigkeit nicht wiedergewinnen.

Ulrich H. J. Körtner ist Professor für Systematische Theologie H.B. an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

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