Recht geht vor Gnade

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Zwei Jahre länger als andere deutsche Amtsbrüder wehrte sich Bischof Franz Kamphaus. Am 7. März aber hat der Papst persönlich angeordnet: Auch die Diözese Limburg muss sich aus der staatlichen Schwangerenberatung, die vor einer Abtreibung gesetzlich vorgeschrieben ist, zurückziehen.

Durch die nun auch in Limburg erzwungene Lösung hält sich die katholische Kirche aus jeder "Beteiligung" an Abtreibungen heraus. Dem ethischen Dilemma entkommt sie dennoch nicht: Kamphaus hat - mit vielen Fakten - Rom zu vermitteln versucht, dass der Verbleib im Beratungssystem mehr Leben rettet, als das Beharren auf der "reinen" Lehre. Vergeblich. In einem bewegenden Hirtenbrief legte Kamphaus die Argumente noch einmal auf den Tisch und den Dissens mit dem Papst offen: Der Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung hinterlasse nicht nur bei ihm eine "tiefe Wunde". Kamphaus erklärte ebenso bewegend, nicht zurückzutreten: Durch einen Amtsverzicht würde die Wunde wahrscheinlich "noch weiter aufgerissen".

Abgesehen von der persönlichen Demütigung von Kamphaus - eines leisen, beharrlichen, authentischen Kämpfers für den Glauben in der heutigen Zeit - sind die Vorgänge symptomatisch für die aktuelle Lage:

* Erstens handelt es sich nicht um einen Konflikt in einer Glaubensfrage: Kamphaus' Positionen beim Lebensschutz sind ebenso eindeutig wie die des Papstes. Dass Johannes Paul II. aber nicht gewillt ist, verschiedene Wege zum Ziel der bestmöglichen Förderung des Lebens zu akzeptieren, zeigt einmal mehr: Rom lässt den Ortskirchen keinen Raum zum selbständigen Atmen. Die Entfremdung zwischen einer Ortskirche und Rom, aber auch im ökumenischen Gespräch in Deutschland nimmt so weiter zu.

* Zweitens darf nicht übersehen werden: Die Niederzwingung von Bischof Kamphaus (und die schon vor zwei Jahren vorangegangene Niederzwingung der anderen "liberalen" deutschen Bischöfe um den jetzigen Kardinal Karl Lehmann) stellt die brachiale "Lösung" eines innerdeutschen Kirchenkonflikts dar. Der konservative deutsche Kirchenflügel findet in Rom immer ein offenes Ohr und kann sich - via Papst, via Glaubenskongregation - durchsetzen.

E-Mail: otto.friedrich@furche.at

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